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Mazda MX-5 – Klassiker von Geburt an

Mazda MX-5

Es ist nur ein Handgriff, doch er sagt mehr als tausend Worte. Denn auch wenn man zum allererstem Mal im neuen Mazda MX-5 sitzt, langt die Rechte wie automatisch an den Schnapphaken über dem Innenspiegel und wirft mit einer einzigen Bewegung das Verdeck nach hinten. Damit verteidigt der Mazda nicht nur seine Position als schnellster Stripper der Autowelt, sondern zerstreut alle Befürchtungen, dass die Japaner ihre Ideale auf dem Altar des Zeitgeist geopfert haben.

von Thomas Geiger
Nein, der MX-5 ist auch in der vierten Auflage nicht zum weichgespülten Flanier-Roadster für den Bummel auf dem Boulevard geworden. Sondern er ist und bleibt eine Maschine, die sich nichts anderem als dem Fahren verpflichtet fühlt und keine Ablenkung von dieser Mission duldet – nicht einmal mit einem Schalter für ein elektrisches Verdeck. Kein Schnickschnack. Genau das ist es, was den MX-5 ausmacht. Nicht vor 25 Jahren, als Mazda das Roadster-Segment mit neuem Leben erfüllt und danach so renommierte Wettbewerber wie Mercedes, BMW oder Porsche zu einfallslosen Nachahmern gestempelt hat. Und erst recht nicht heute. Denn die Japaner haben nicht nur allen Versuchungen der verwöhnten Komfortgesellschaft widerstanden und sich erfolgreich gegen allzu viele elektrische Helfer gewehrt.
Auch nach 25 Jahren bricht der Mazda MX-5 nicht mit Traditionen. Mit guten, wohlgemerkt.

Sondern sie haben sogar noch einen Schritt zurück gemacht und den MX-5 nach dem Motto „fit for future“ in jeder Hinsicht ein bisschen beschnitten: Wo andere Autos bei jedem Generationswechsel weiter aus dem Leim gehen, wird beim MX-5 der Radstand knapper, die Überhänge sind kürzer, die Haube liegt flacher über dem Motor und die Ecken sind etwas enger um den Körper gezogen. Man sitzt näher am Asphalt und rückt dichter heran an die Längsachse. Als schlüpfe man in einen Operationshandschuh, passt der MX-5 wie angegossen und man wird wirklich eins mit seinem Auto. Kein Wunder, das man den Wagen selbst kaum mehr wahrnimmt, wenn man damit über die Landstraße fliegt und die Kurven mit reiner Intuition nimmt. Auch wenn Mazda die japanische Floskel „Jimba Itai“ für die Einheit von Ross und Reiter schon oft als Worthülse für das Marketing missbraucht hat – bei diesem Auto reichen ein paar Meter, dann fühlt man, was Projektleiter Nobuhiro Yamamoto damit meint.

Dass sich der MX-5 so leicht anfühlt, hat aber noch einen anderen Grund: Sein geringes Gewicht. Denn wo andere nur vom Leichtbau reden und sich mit jeder Menge Aluminium oder Karbon am Ende doch nur mühsam unter 1,5 Tonnen hungern, war der MX5 schon immer ein Fliegengewicht und hat jetzt sogar noch einmal abgespeckt: 100 Kilo hat Projektleiter Yamamoto aus der Konstruktion heraus geholt und die vierte Generation damit wieder auf jene Tonne gedrückt, mit der es vor einem Vierteljahrhundert einmal losgegangen ist.

Basiswissen

Weniger ist mehr – diese Devise gilt Yamamoto auch beim Motor. Deshalb hat er gleich nochmal 17 Kilo gespart und den 1,8-Liter des Vorgängers gegen einen 1,5 Liter getauscht Den Vierzylinder bauen die Japaner zwar auch im Mazda3 ein. Doch für den Einsatz in dem Heißsporn und Herzensbrecher haben sie ihn noch einmal gründlich überarbeitet. Er wurde für den Längseinbau und den Hinterradantrieb nicht nur um 90 Grad gewendet und gegenüber dem Vorgänger obendrein weiter nach unten und weiter nach hinten gerückt. Sondern vor allem hat er ein neues Innenleben bekommen, dreht schneller auf und höher aus: Erst bei 7 000 Touren erreicht er seine maximale Leistung und der rote Bereich beginnt noch 500 Touren darüber. Dazu eine knochentrockene Schaltung mit kurzen Wegen, präzisen Anschlüssen und einem kugelrunden Knauf von fast magnetischer Anziehungskraft. So klickt und klackt man sich durch die Kurvenhatz.

Mazda MX-5 Drehorgel

Das Spiel auf dieser faszinierenden Drehorgel hat nur zwei Haken. Zum einen ist ihr Lied viel zu leise. Und zum anderen ist der Motor viel zu elastisch. Denn so gerne man auch schalten und die Nadel wieder an den Anschlag treiben möchte, so lässig zieht der MX-5 in jeder Lebenslage schon im dritten Gang davon – kein Wunder, wenn 90 Prozent des maximalen Drehmoment auf dem gesamten Band von 2 000 bis 6 000 Touren abrufbar sind.

… auf zu auf zu, man spürt es kaum …

„Den bauen wir bis in alle Ewigkeit“ verspricht Entwicklungschef Kiyoshi Fujiwara.

1,5 Liter Hubraum, 131 PS und 150 Nm – auf dem Papier macht der MX-5 damit schon gegen Kleinwagen und Familienkutschen keinen Stich, von echten Sportwagen ganz zu Schweigen. Doch in der Praxis ist er der Spitzentrumpf, der im Bauch mehr Kribbeln pro Kilometer erzeugt, als jedes andere Auto und ganz nebenbei beweist, dass es dafür nicht einmal ein besonders strammes Fahrwerk oder solche Albernheiten wie Schalensitze braucht. Denn wer es partout so haben will, der erlebt den MX-5 als überraschend komfortablen und sogar eingeschränkt alltagstauglichen Wagen.

Zwar passt der 1,5 Liter damit perfekt zum Konzept der kleinen Spaßgranate und mit mehr Leistung wird die Lust an diesem Auto nicht automatisch größer. Doch weil vor allem den Amerikanern so ein Mini-Motor trotzdem suspekt ist und in Deutschland noch immer ein paar Autoquartetts gedruckt werden, bietet Mazda beinahe wider besseren Wissens noch einen zweiten Motor an. Jetzt natürlich aus der Skyactiv-Familie entnommen und deshalb wahrscheinlich auch sehr viel sparsamer hat er in die gleichen Eckdaten wie beim Vorgänger und soll mit seinen 2,0 Litern Hubraum auf rund 160 PS kommen.

Der Mazda MX-5 und die gute alte Zeit

Obwohl Mazda viel und gerne von der guten alten Zeit spricht und jede Menge Parallelen zieht zwischen dem ersten und dem vierten MX-5 ist der Roadster nicht retro, sondern auf der Höhe der Zeit. Das gilt für technische Errungenschaften wie die LED-Scheinwerfer oder das Infotainmentsystem mit Touchscreen und App-Store und genauso wie für das Design, das manchen Kritikern sogar zu weit in die Zukunft weist. Oder zumindest vorne ein bisschen zu sehr nach Jaguar und Maserati und hinten nach BMW aussieht.

Auch in einer anderen Hinsicht hat Mazda bereits mit der Vergangenheit gebrochen. Denn darauf, dass der MX-5 noch einmal wie vor 25 Jahren das sterbende Segment der Roadster wiederbeleben wird, darauf wollen selbst die hoffnungsvollen Japaner nicht wetten. Doch zumindest um die Zukunft des MX-5 machen sie sich offenbar keine Sorgen. „Den bauen wir bis in alle Ewigkeit“, verspricht Entwicklungschef Kiyoshi Fujiwara. Und auch die Sache mit den Zulassungen dürfte kein Problem werden. Denn erstens wird der MX-5 nahezu unverändert bei 25.990 Euro (Variante G 130) starten und bietet damit mehr Genuss fürs Geld als jedes andere Auto. Und zweitens haben die Japaner einen großen Teil der Produktion ohnehin schon verkauft – an den Fiat-Konzern, der den MX-5 zu einem eigenen Spider umbaut.

Und jetzt noch den Sound dazu vorstellen. Oder nein: hier unten anhören!





Franz J. Sauer

Liebt Autos, weiß auch ein bissl was, schwurbelt schön drum herum und springt für SUV in die Bresche.

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