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Mercedes CLS: Entspannungstherapie deluxe

Entspannungstherapie deluxe

Mercedes CLS

Die E-Klasse streift den Anzug ab und macht sich locker. Denn wenn Mercedes am 17. März die dritte Generation des CLS an den Start bringt, wird aus der Business-Limousine eine Entspannungsübung für die gestressten Vielfahrer unter den Mercedes-Kunden.

Von Thomas Geiger
Dabei bauen die Schwaben neben dem ungeheuer lässigen und deshalb sehr lustvollen Design in Bausch und Bogen aber ohne viele Linien und Sicken vor allem auf Errungenschaften aus der S-Klasse. Schließlich gibt es nicht nur die neueste Generation der Assistenzsysteme, die für mentale Entspannung sorgen. Sondern mit dem CLS halten auch die Energizing-Funktionen aus dem Flaggschiff in der Baureihe darunter Einzug und die abgestimmten Wohlfühlprogramme von Klimaanlage, Licht, Sitzmassage und Musik machen aus dem CLS einen Wellnesswagen.
Für Entspannung in einer ganz anderen Hinsicht sorgen die Motoren, die aus der neuen Reihensechszylinder-Familie stammen und ebenfalls der S-Klasse entlehnt sind. Denn sie haben Kraft im Überfluss und machen den mit drei Fahrwerken von der Stahl- bis zur Luftfeder verfügbaren CLS zu einem schnellen Gleiter, dem jede Aufregung und Anspannung fremd ist. Natürlich passen die bis zu 340 PS im CLS 400d oder die 367 PS im CLS 400 besser zu einer luxuriösen Mischung aus Limousine und Coupé, die der Business-Elite die Afterwork-Party versüßen will. Der 350d mit 286 PS wird auch in Ordnung sein und den Vierzylinder-Diesel mit 245 PS im CLS 300 d gibt es nur für Knauser. Und ganz sicher hätte Projektleiter Michael Kelz auch gerne wieder einen soliden V8-Benziner im CLS 500, der bislang noch nicht bestätigt ist. Doch sein ganzer Stolz ist fürs erste tatsächlich der CLS 350, in dem der intern M264 genannte 48-Volt-Benziner mit nur vier Zylindern und zwei Litern Hubraum seinen Einstand gibt. Denn es ist erstaunlich, wie gut der vergleichsweise kleine Motor mit seinen immerhin 300 PS und 400 Nm zu dem vergleichsweise großen Auto passt. Das liegt vor allem am neuartigen Anlasser, der eben nicht nur den Motor startet, sondern ihn beim Beschleunigen zugleich kräftig anschiebt. Zwar leistet er nur 20 PS, wirkt aber wie ein Booster und gibt dem CLS so den letzten Kick. Aber die neue Technik steigert nicht nur den Spaß, sondern hilft auch beim Sparen. Weil der Anlasser mehr Kraft hat und der Neustart des Motors deshalb geschmeidiger verläuft, schaltet die Elektronik das Triebwerk öfter und früher ab und wirft es später wieder an. Und besser Rekuperieren kann der Riemenstarter auch. Der größte Gewinn liegt allerdings im Komfort. Denn zum ersten Mal funktioniert das System so unmerklich, dass man die Start-Stopp-Automatik nicht gleich mit dem ersten Handgriff wieder ausschalten möchte.
Mit dem niedrigen Ruhepuls ist es allerdings vorbei, sobald AMG die Finger im Spiel hat. Denn was die Ergonomen mit ihren Energizing-Funktionen an Entspannung ins Auto bringen, macht die schnelle Eingreiftruppe aus Affalterbach mit ihrem Krafttraining wieder zunichte. Nicht umsonst rüsten sie den neuen Sechszylinder zum CLS 53 auf. Und als wären die 435 PS und 520 Nm, die dank eines elektrischen Zusatzverdichters ohne erkennbare Verzögerung abgerufen werden, nicht schon dynamisch genug, setzt auch AMG auf die EQ-Boost-Technologie und schaltet noch einen Startergenerator mit 22 PS und 250 Nm dazu. Das Ergebnis sind ein Sprintwert von 4,5 Sekunden und ein Spitzentempo, das gegen Aufpreis auf 270 km/h angehoben wird. Und weil ein AMG schließlich auch ein bisschen Show machen muss, knurrt und knallt es aus dem Auspuff so laut, dass man die HiFi-Anlage getrost ausgeschaltet lassen kann – selbst wenn der Sound nicht ganz so authentisch ist wie beim seligen V8-Motor. Den wird es diesmal zumindest vorerst übrigens nicht mehr geben, weil er dem viertürigen GT vorbehalten bleibt. Und das ist auch gut so: Sonst würde die Entspannungsübung gar vollends zur Farce und der Blutdruck würde jedes gesunde Maß übersteigen.
Ein Design zum Dahinschmelzen, ein liebevolles Interieur mit verspielten Details wie die hinterleuchteten Lüfterdüsen und ein Fahrverhalten wie ein Gran Turismo – zwar zielt der CLS eher aufs Herz als aufs Hirn und gibt den Verführer. Doch so ganz bleibt die Vernunft nicht auf der Strecke. Im Gegenteil hat Mercedes dem CLS diesmal sogar ein paar mehr praktische Tugenden angedeihen lassen. So gibt es zum ersten Mal eine Dreierbank für den Fond und auf Wunsch sogar eine Anhängerkupplung. Und das Kofferraumvolumen misst nun solide 520 Liter. Mehr ist diesmal nicht drin. Denn der bisher angebotene Shooting Brake wird dem viertürigen GT von AMG geopfert und bekommt deshalb keinen Nachfolger.
So gut die Entspannungsübung für die E-Klasse mit dem CLS auch klappt, wird es nur an einem Punkt schwierig: Beim Preis. Denn wenn jetzt im März die ersten Autos in den Handel kommen, liegt der CLS 350d für 68.128 Euro rund 10.000 Euro über einer vergleichbaren E-Klasse-Limousine. Da muss man schon ziemlich gelassen sein, damit man bei diesen Aufpreis klaglos hinnimmt. Oder sich danach auf umso mehr Entspannung freuen.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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