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Mercedes eSprinter: Stille Post

Von wegen, „Wenn der Postmann zweimal klingelt“! Bislang mussten die Kurierfahrer von DHL, UPS & Co. an der Haustüre meist überhaupt nicht auf sich aufmerksam machen. Denn diesen Job haben ihre knurrenden Diesel übernommen, die man oft schon kommen gehört hat, bevor überhaupt die schweren Schiebetüren aufgerissen wurden. Doch damit ist so langsam Schluss. Denn die Elektrifizierung erfasst zunehmend auch die leichten Nutzfahrzeuge und immer mehr Versender spielen jetzt stille Post. 

Da mischt künftig auch Mercedes mächtig mit und zäumt sein wichtigstes Pferd im Stall dafür neu auf. Denn nach es den Sprinter bislang nur in einer eher hemdsärmeligen Umrüstung gab, kommt zum Jahresende eine neue Version des Erfolgstransporters in den Handel. Sie nutzt drei einheitliche Module für die Hochvolt-Technik, die Batterie und den Antrieb und kann so flexibel über alle Radstände und Aufbauvarianten eingesetzt werden, schwärmt Van-Chef Mathias Geisen. „Damit heben wir das Segment des elektrischen Large Vans auf ein neues Niveau. Der Dreiklang aus Effizienz, Reichweite und Ladevolumen bei gleichzeitiger Optimierung der Gesamtkosten macht den neuen eSprinter zum vielseitigsten Mercedes-Benz eVan aller Zeiten.”

Noch auf der bestehenden Plattform entwickelt, gibt es künftig statt 35 oder 47 kWh für bestenfalls gerade einmal 158 Kilometer Normreichweite gleich drei Größen eines selbst entwickelten Akkus mit Kapazitäten von 56, 81 oder maximal 113 kWh, die trotzdem Raum für bis zu 14,5 Kubikmeter Ladung lassen und noch immer 4,25 Tonnen Nutzlast erlauben. Damit kommt der Sprinter im Normzyklus über 400 Kilometer weit und hat auf einer Sparfahrt sogar schon knapp 500 Kilometer geschafft. 

Mit dem Generationswechsel wächst aber nicht nur die Reichweite, sondern auch die Vielfalt. Denn Mercedes hat mittlerweile alle Hochvolt-Komponenten in der Kabine integriert. Weil die Schwaben zudem einen neuen Motor mit wahlweise 100 oder 150 kW Peak-Leistung entwickelt und den direkt in die Hinterachse integriert haben, sind nun erstmals auch offene Baumuster wie Pritschen möglich. 

All das klingt nach großem Fortschritt. Nur beim Laden ist davon nicht so richtig viel zu spüren: Weil die meisten Kunden angeblich ohnehin daheim auf dem Hof und dafür über Nacht ans Netz gehen, bescheidet sich der eSprinter bei Gleichstrom mit 115 und Wechselstrom mit 11 kW. Während der Touren wird das Nachladen da ein wenig zur Geduldsprobe.

Mercedes will mit den Sprinter nicht nur das Gewerbe in Europa elektrisieren. Sondern zum ersten Mal wird der große Stromkasten auch in den USA angeboten – und das sogar schon vor dem heimischen Start. Im Charlotte in South Carolina läuft deshalb bald die Produktion an, und schon kurz nach den Sommerferien soll die Auslieferung beginnen. Anders als die Europäer bekommen die Amerikaner allerdings nur den größten Akku, weil die durchschnittlichen Entfernungen dort deutlich größer sind.

Zwar macht Mercedes mit dem zweiten Sprinter bereits einen großen Sprung und vieles spricht dafür, dass damit deutlich mehr zu machen ist als mit den bislang 30.000 Umbauten des alten Modells. Doch auch dieser Sprinter ist nur ein Zwischenspiel, weil er nach wie vor auf einer Verbrenner-Plattform basiert. Wirklich spannend wird es deshalb erst in der zweiten Hälfte der Dekade, wenn auf Basis der eigens für die leichten Nutzfahrzeuge entwickelten Van-EA ein dezidierter Akku-Sprinter startet.

Aber egal ob erste, zweite oder dritte Generation: Den Diesel wird man auf der letzten Meile immer seltener hören und die Stille Post wird zunehmend zum Standard. Wer oft im Internet bestellt, der sollte deshalb Geld in eine leistungsfähige Klingel investieren.

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