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BMW 5er und i5: Münchner für Alle

BMW macht es Fans und Feinden nicht gerade leicht in diesen Tagen. Während die Bayern ihre europäischen Liebhaber etwa bei 7er oder XM mit einem Design auf die Palme bringen, das nur den Asiaten und Amerikanern gefällt und hier weit über die Grenzen des guten Geschmacks hinausschießt, stellen sie die Liebe der gusseisernen Petrolheads mit der fortschreitenden Elektrifizierung auf eine harte Probe. Und auch bei der Generation E machen sie sich keine Freunde, wenn sie allen Kredit, den sie mit Autos wie dem i7 oder dem Brennstoffzellen-X5 einfahren, mit Vollgas-Modellen wie dem XM oder dem M2 wieder verspielen. Doch jetzt kommt ein neues Friedensangebot aus München, das die Wogen glätten will. Denn die wenn die Bayern im Herbst die nächste Generation des 5er an den Start bringen, dann machen sie es allen recht. Das gilt für das nach aktuellen Maßstäben fast schon gemäßigte Design mit einer überraschend ansehnlichen Niere außen und einem fast schon konventionellen Digital-Cockpit innen genau wie für die Antriebspalette, zu der neben mild- oder plug-in-hybridisierten Verbrennern erstmals auch ein voll elektrischer Antriebstrang zählen wird. 

Genau wie schon bei 3er und 7er baut BMW dafür aber keine eigene Plattform, sondern integriert alle Antriebe in einer Architektur. Das mag zwar für die Generation E in paar Nachteile beim Packaging haben, weil die elektrischen Skateboard-Architekturen mehr Platz für die Insassen lassen. Doch erstens kompensiert BMW das zumindest teilweise mit zwei Zentimetern mehr Radstand und fast zehn Zentimetern Länge, so dass sich der 5er nun erstmals auf 5,06 Meter streckt und obendrein etwas breiter und höher wird. Und zweitens ist man dafür auch im i5 nicht so von der Fahrbahn entkoppelt und der Welt entrückt wie in vielen dezidierten Elektro-Autos. Sondern zuallererst einmal ist der i5 ein 5er und fährt sich auch genauso – verbindlich, engagiert und ganz nah bei der Straße. 

Dafür gibt es sein semi-aktives Fahrwerk und für alle elektrifizierten Varianten serienmäßig eine Luftfederung mit Niveau-Regulierung an der Hinterachse. Und gegen Aufpreis bauen die Bayern auch eine Hinterachslenkung ein, die allerdings nur bis zu 2,5 Grad mit lenkt, weil sich ein BMW nicht anfühlen soll wie ein Gabelstapler und weil schon das reicht, um den Wendekreis beim Rangieren oder in engen Serpentinen um 30 Zentimeter schrumpfen zu lassen. 

Was das bringt, hat bereits eine Fahrt im Prototypen bewiesen. Denn flott und flüssig lässt sich der i5 damit über den engen Handlingparcours auf dem BMW-Testgelände in Miramar treiben, immer eng an der Ideallinie, immer vorhersehbar und mit einem Maß an Leidenschaft, das selten geworden ist in der Businessklasse. Und kaum weitet sich die Straße, lässt merklich die Spannung nach und der Fünfer wird zum lässigen Dauerläufer. „Schließlich kommt keines unserer Autos auf solche Fahrleistungen wie der Fünfer“, adelt Entwickler Nicolai Martin die Baureihe zum König der Kilometerfresser und macht die Autobahn zu seinem Reich. 

Nicht einmal die Batteriekapazität ist da noch eine nennenswerte Hürde. Denn zwischen den Achsen ruht ein Paket mit 81,4 kWh, das je nach Motorkonfiguration Reichweiten von anfangs bis zu 582 Kilometern ermöglichen soll. Wenn das knapp wird, gibt’s einen neuen „Max Range“-Mode, der konsequenter ist als je zuvor, nicht nur die Leistung drosselt, sondern auch das Tempo auf 90 km/h limitiert und so auf Knopfdruck die Restreichweite um bis zu 25 Prozent streckt. Beim Laden dagegen orientiert sich der i5 am i7 und packt zugunsten der Kilometerfresser sogar noch ein bisschen was drauf: Mit bis zu 205 kW Ladeleistung gelingt der Sprung von 10 auf 80 Prozent in einer halben Stunde. 

Zwar ist der i5, den es zum Start in zwei Versionen als 40i mit Heckantrieb, 340 PS und 193 km/h Spitze oder als M60 mit einem zweiten Motor im Bug und dann 601 PS und 230 km/h geben wird, das technologische Aushängeschild. Doch lässt BMW die alte Welt in dieser Baureihe noch nicht hinter sich. Im Gegenteil, wird der 5er auch beim Antrieb seiner Rolle als Allrounder gerecht und deckt die wahrscheinlich breiteste Palette im Portfolio ab: Es gibt Benziner und Diesel mit anfangs vier, später sechs und bei der M GmbH wahrscheinlich sogar acht Zylindern und gleich mehrere Plug-in-Hybride, von denen mindestens einer rund 100 Kilometer elektrische Reichweite bieten soll, stellt Fahrdynamiker Martin in Aussicht. Los geht es allerdings erst einmal bescheiden mit einem 208 PS starken 520i oder einem 520d mit 197 PS, den es auch als xDrive geben wird.  Und wo wir gerade bei einer breiten Auswahl sind – die gibt es auch bei den Karosserievarianten. Denn selbst wenn alle Welt den Kombi längst totgeschrieben hat, hält BMW weiter am Touring fest – und legt auch den Lademeister diesmal als i-Modell auf. Und natürlich bekommen die Chinesen den konventionellen 5er wie den i5 auch wieder als Langversion.

Zwar zeugt die erste Runde im Prototypen davon, dass BMW die Freude am Fahren noch nicht verlernt hat. Doch das vielleicht beste Erlebnis bei der Erstbegegnung mit dem intern G60 genannten Hoffnungsträger hat der Fahrer, wenn er die Verantwortung vorübergehend deligiert. Denn im neuen Fünfer debütiert die nächste Generation des Autobahn-Piloten, der pünktlich vor der Weltpremiere bereits den Segen des KBA bekommen hat. Statt wie bislang alle paar Sekunden den Griff zum Lenkrad einzufordern, darf er nun dauerhaft Tempo, Spur und Abstand regeln, wenn der Fahrer nur trotzdem brav aufmerksam bleibt und die Kamera hinter dem Lenkrad keine Blickablenkung erkennt. Freihändig nach Frankfurt – bis auf ein paar Baustellen, besonders enge Kurven oder Autobahnkreuze ist das jetzt im neuen Fünfer nicht nur möglich, sondern auch erlaubt. Nur der Griff zum Smartphone oder zur Zeitung ist weiterhin verboten. 

Doch verglichen mit so genannten Level 3-Systemen mit derart erweiterter Freizeit für den Fahrer, wie Mercedes sie schon hat und BMW sie zum Jahresende im Siebener bringen will, hat der Highway Assistent zwei entscheidende Vorteile. Erstens arbeitet er nicht nur im Stau, bei limitiertem Tempo und unter optimalen Bedingungen, ist also weniger die Ausnahme als die Regel. Und zweitens kostet er nicht viele tausend sondern nur wenige hundert Euro Aufpreis.

Womit wir beim letzten Friedensangebot der Bayern wären: Dem Preis. Denn während andere Hersteller beim Generationswechsel kräftig Kasse machen, übt sich BMW auch hier in vornehmer Zurückhaltung: Klar, die E-Modelle sind mit 70.200 und 99.500 Euro keine Schnäppchen. Doch der 520i startet bei 57.550 Euro (alle Preise D) – und ist damit keine 3.000 Euro teurer als der Vorgänger.

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