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Dacia in extremo

Dacia feiert aktuell große Erfolge auf den europäischen Märkten, darunter auch – oder ganz besonders auch – in Österreich. Im ersten Quartal 2023 waren die Rumänen unter französischer Schirmherrschaft tatsächlich die Nummer 1 im Privatkundenmarkt und konnten am Gesamtmarkt um 70 Prozent gegenüber 2022 zulegen. Diese Errungenschaften will man mit einer ganz neuen Ausstattungslinie nun weiter ausbauen.

Die heißt „Extreme“, soll den Outdoor-Spirit der Marke hervorheben und wird im Laufe des Juni für alle Dacia-Modelle verfügbar sein. Wer hier in Zukunft ein Kreuzchen macht, bekommt dafür die neue Top-Ausstattung, die sich allerdings größtenteils auf kosmetische Aufwertung beschränkt. Außer beim Dacia Spring. Der wird auch unter dem Blech zwar nicht gerade zum Extremisten, aber immerhin deutlich knackiger. Schließlich ist er nun mit 65 statt den bisher doch sehr mickrigen 45 PS unterwegs, was einer Steigerung von rund 44 Prozent entspricht. Das ist mehr als nur ein Eck und tut dem E-Zwerg verdammt gut. Ja, in der Stadt war er auch bisher schon relativ angemessen motorisiert. Aber alles Andere glich mehr einer Tortur als einer Autofahrt. Jetzt schafft er es immerhin in 13,7 statt 19,1 Sekunden auf 100 km/h und ist obenherum spritziger: 13,5 Sekunden von 80 auf 120 laden zwar nicht gerade zum Überholen ein, sind aber um Welten besser als die 26,2 Sekunden prä-Extreme. Jetzt fühlt sich der Spring zumindest motorisch deutlich erwachsener an. Preislich bleibt er auch als Extreme mit 65 PS nach Abzug der Förderung unter 20.000 Euro, genauer gesagt bei 19.190 Euro.

Optisch hebt der Spring sich von den anderen Extreme-Dacia ab, weil er als einziger nicht Oxid-Grün sondern Schiefer-Blau als neue Lackfarbe verpasst bekommt. Die kupferfarbenen Akzente außen wie innen teilt er sich aber ebenso mit seinen Geschwistern wie die Folien mit Topographie-Muster an den Flanken. Aus der Ferne wirken die auch erstmal sehr cool, bis man direkt vor dem Auto steht und erkennt, dass es sich leider eben wirklich nur um uninspirierte Aufkleber handelt. Ein netter Gedanke, aber im Endeffekt auch nicht viel mehr. Da gefällt das neue Markengesicht samt dem neuen Logo in Weiß schon viel besser. Dacia hat die Zeichen der Zeit erkannt und passt sich perfekt an. Denn natürlich steigen ihre Zahlen auch deshalb so sehr an, weil sich viele Leute angesichts der wirtschaftlichen Lage einfach keine teureren Autos leisten können und wollen. Wo Dacia künftig mit dem Duster 4×4 Extreme bei 25.590 Euro aufhört, fangen manch andere Marken noch nicht mal an. Aber das Bedürfnis nach Style besteht eben weiterhin und wird vom Brand-Redesign letztes Jahr und jetzt der Extreme-Linie befriedigt. Der Aufpreis bewegt sich mit rund 1.000 Euro auch in Grenzen.

Dafür bekommen der Sandero Stepway und der Jogger allerdings nicht nur die optischen Zuckerln, sondern sind dann auch mit dem Extended Grip-System ausgestattet, mit dem sie auf schlechtem Untergrund bessere Figur machen soll. Dabei handelt es sich um eine Traktionskontrolle, die auf Knopfdruck ESP und ASR verändert und den beiden Antriebsrädern mehr Schlupf gönnt. Der Duster hat diese Spielerei natürlich nicht nötig, da es ihn sowieso mit Allradantrieb gibt. Damit auch die Finger was von der Extreme-Ausstattung haben, gibt es in Sandero Stepway, Jogger und Dacia ein neues Interieurmaterial namens MicroCloud. Der Stoff bewegt sich haptisch irgendwo zwischen Samt und Mikrofaser und wird an den Armaturenbrettern, den Türverkleidungen und den Sitzen verwendet. Zur Outdoor-orientierten Extreme-Linie passt er vor allem deshalb, weil er robust und einfach zu reinigen ist.

Das coolste Extra bekommt allerdings der Jogger ganz allein. Das brandneue Sleep Pack ist nämlich nicht nur um rund 1.500 Euro beim Kauf eines neuen Joggers bestellbar, sondern kann auch für jeden anderen Jogger jederzeit dazugekauft werden und sitzt perfekt. Es handelt sich dabei um eine rund 50 Kilogramm schwere Box, die zwei Leute easy und schnell im Kofferraum des Joggers anbringen können – egal ob Fünf- oder Siebensitzer. Mit ein paar zackigen Handgriffen verwandelt sich das Raumwunder dann in Windeseile in ein Schlafzimmer samt Matratze. Wer auf Camping steht, sollte hier auf jeden Fall zuschlagen. Zusätzlich gibt es ab sofort auch ein Zelt, das man um den Kofferraum herum montiert – so wird der Jogger zur Wohnlandschaft samt Schlafzimmer. Damit die glücklichen Camper auch gut ruhen, gibt es Abdeckungen zu erstehen, mit denen der Innenraum komplett verdunkelt werden kann.

Im Schnelltest funktioniert das Sleep Pack ganz hervorragend und die Verwandlung fällt leichter als bei so manchem dezidierten Transporter mit Bettfunktion. Natürlich bleibt zwischen Bett und Dach nicht mehr allzu viel Platz, aber zum Schlafen reicht es allemal. Und nachdem man sich einmal die Birne beim Aufstehen mal angehauen hat, wird man es sich schon merken. Sehr praktisch mutet auch an, dass das Sleep Pack unter dem Bett am Kofferraumende sogar noch Raum für Gepäck bietet. Natürlich ist die Kapazität stark eingeschränkt, aber für zwei mehr oder weniger große Taschen ist immer noch genügend Platz.

Alles in allem wertet die Extreme-Linie die Dacia-Familie noch einmal weiter auf. Die optischen Änderungen sind nicht revolutionär, bringen aber auf jeden Fall zusätzlichen Flair ins Spiel. Nachdem die Preise aber dennoch niedrig bleiben, vergisst Dacia seine Kunden offensichtlich nicht und setzt auf das aktuell so erfolgreiche Rezept. Nur, dass man jetzt eben ein bisschen mehr Pepp haben kann, wenn man denn möchte. Der Spring profitiert massiv von seiner Leistungssteigerung und fährt sich jetzt wie ein vollwertiges Stadtauto. Der Jogger mit Sleep Pack bietet Abenteurern mit kleinem Börserl eine einzigartige Lösung und könnte viele Fans finden. Es fällt schwer, einen Einbruch des Erfolgs von Dacia zu sehen, schließlich macht die Marke für die Masse momentan alles richtig.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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