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Honda Civic Type R: Die inneren Werte

Keine Augenauswischerei

Honda Civic Type R: Die inneren Werte

Über Geschmack lässt sich bekanntlich hervorragend streiten, vor vollendeten Tatsachen gestellt zu sein, bietet hingegen eher weniger Gesprächsstoff. Und solch eine Tatsache ist: Der Honda Civic Type R ist schnell. Sau schnell. Und das sieht man ihm auch an.

Text: Maximilian Barcelli

Wir wollen uns hier aber gar nicht so recht auf das Design des Type R versteifen. Erstens, weil eben Geschmack eine höchst subjektive Sache ist und das wilde Äußere des Honda Civic Type R auch redaktionsintern die Meinungen spaltet. Und zweitens: Wenn wir jetzt jeden Spoiler, jeden Splitter und jede Sicke – und all diese Dinge gibt es beim Type R wie Sand am Meer – bis ins kleinste Detail zerpflücken, bleibt kaum noch Zeit über die fahrdynamischen Qualitäten des Kompaktsportlers zu schreiben.
Denn die sind nämlich, kurz und knackig, wie das Getriebe: grandios. Es ist kaum zu glauben, wie perfekt Honda den Type R ausbalanciert hat. Höchst selten meldet sich die Elektronik. Und dann auch nur, wenn du so richtig ungehobelt die Kurve in Angriff nimmst oder vom Stand aus ordentlich draufdrückst – 322 PS auf die Vorderräder sind halt zumindest beim Kick Down nicht zu verleugnen. Doch selbst wenn das ESP mal ins Fahrgeschehen eingreifen sollte, so ist es kaum merkbar. Weil es das Moment irre feinfühlig runterregelt. Ein Chirurg darf sich da gerne ein Scheibchen Feinfühligkeit abschneiden.
5,7 Sekunden. So viel Zeit vergeht, wenn dem Honda Civic Type R die Sporen gegeben werden und er von 0 auf 100 Stundenkilometer schnalzt. Klar, das können andere schon besser. Doch solch trockene Daten und Fakten zählen sowieso nur am Stammtisch was. Oder beim Quartett spielen.
Was viel mehr zählt, sind die Emotionen, die beim Beschleunigen des Type R losgelassen werden. Ein jeder Schaltvorgang ist ein wahres Erlebnis. Extremst kurze, knackige Schaltwege sorgen für ein Dauergrinsen, das man eigentlich nur vom inhalieren illegaler Substanzen kennt. Illegal ist man sowieso recht schnell unterwegs, weil man eben recht schnell zu schnell ist.
Was den Beschleunigungsvorgang neben der knochentrockenen Schaltbox auch zu solch einer Freud macht, ist der – trotz Zwangsbeatmung – recht drehfreudige Motor. Stichwort: Zwangsbeatmung. Verschnaufen tut das Aggregat nicht, Turboloch war gestern.
Doch nicht nur das Leben besteht aus lauter Kurven, die Straße tut’s auch. Und da brilliert diese Fahrmaschine eben wirklich. Die Lenkung ist allerfeinst. Sehr direkt, sehr präzise. Feedback von der Straße gibt’s zur Genüge. Umso überraschender ist es, wie wenig die Vorderräder an der Lenkung zerren. Aber überraschen tut der Wagen ja ohnehin gerne. Wir müssen es einfach noch einmal erwähnen: Wie der Honda Civic Type R in der Kurve liegt, wäre für einen Allradler schon ganz großes Kino. Golden Globe-preisträchtig. Für einen Fronttriebler ist das aber nicht nur Oscarpreisträchtig, nein, der Japaner heimst jede der 24 Trophäen ein.
Oder sagen wir 23. Das Infotainment ist ein wenig von gestern und unorganisiert. Aber wen interessiert das schon bei so einer Fuhre? Wenn du den Type R nicht so bewegst, dass Hände, Füße und Geist bei der Straße sein müssen, dann bewegst du ihn sowieso falsch. Sonst kann sich der Innenraum aber sehen lassen, spiegelt ein wenig das wilde Exterieur wider. Über die digitalen Armaturen kann man so nette Gimmicks, wie die an einem zerrenden G-Kräfte oder einem imitierten Schaltblitz beobachten. Die Sportsitze sind schon ordentliche Schraubstöcke, aber sitzt man erst einmal drinnen, darf das ganze schon als halbwegs komfortabel gewertet werden.
Ähnlich wie das Fahrwerk: Im ärgsten Modus nämlich, da ist der Wagen schon ziemlich hart. Ähnlich hart gestaltet sich auch das Einsteigen in den Type R. Im Komfort-Modus aber ist das Fahrwerk deutlich bequemer abgestimmt. Eben so, wie wenn man schon in den Schraubstöcken sitzt. Vor allem aber ist es erfrischend, dass sich bei den unterschiedlichen Fahrmodi auch tatsächlich was verändert.
Fazit? Optisch ist der Type R schon ein harter Brocken. Er schaut wild aus. Das muss man nicht mögen, darf man aber durchaus. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass der Honda Civic Type R ordentlich Abtrieb erzeugt. Nur Show ist da also nichts. Und fahrdynamisch? Man hat’s vermutlich schon rauslesen können: Wir verneigen uns.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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