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Jaguar Track Days und Land Rover Experience: Zuerst die Rennstrecke, dann der Gatsch.

Gib Gummi!

Jaguar Track Days und Land Rover Experience: Zuerst die Rennstrecke, dann der Gatsch.

Sportwagen, Elektro-SUVs und, und, und – im Portfolio von Jaguar Land Rover wird derzeit kaum etwas vermisst. Ja, die Briten geben dieser Tage Vollgas. Grund genug, einen großen Teil der Modellpalette am Red Bull Ring unter die Lupe zu nehmen und selbst Vollgas zu geben.

Text: Maximilian Barcelli

Wobei wir nicht nur selbst Vollgas gaben, sondern unseren Hintern zuerst neben dem eines professionellen Testfahrers im F-Type hinpflanzten. Quasi zum Aufwachen. Spätestens dann weißt du übrigens auch, dass dein Vollgas ganz weit weg vom Limit des britischen Sportwagens ist. Weniger Freude macht der Jaguar F-Type deswegen nicht.
Gefahren wurde zu Beginn der Sechszylinder, der durch einen Handlingtrack im Infield geworfen wurde (Was im Übrigen spannender war als das geführte Fahren am Ring selbst. Weil wilder, weil härter am Limit und weil weniger Materialschonend) gefolgt vom SVR, der mit dem famosen V8-Kompressormotor aus dem Konzernregal beeindruckt. Der drückt mit seinen 575 PS und dem Allrad-Antrieb so richtig heftig an. Begleitend zu jeder Beschleunigungsorgie: Eine Klangkulisse, die nicht von dieser Welt ist.
Ja, wir werden das vermissen. So einen schönen, rotzigen V8er. Von kreischenden V10ern und V12ern wollen wir erst gar nicht anfangen. Grundsätzlich ist gegen Elektromobilität ja absolut nichts einzuwenden. Sie hat ihre guten Seiten. Der Motorsound gehört aber nicht dazu. Dass Sportwagen allerdings auch zum Umweltschutz „beitragen“ können (oder zumindest nicht ganz so viel Benzin verbrennen müssen), zeigt Jaguar mit dem F-Type i4 Turbo auf. Den gab’s aber nicht zu fahren.
Dafür öffnete der Jaguar I-Pace, das erste E-Auto Jaguars und – zumindest bis Mercedes EQC sowie der Audi e-Tron am Markt sind – der einzige Widersacher Teslas, seine Türen für uns. Wir finden uns in einem hochmodernen Interieur wieder. Nichts rohes mehr wie im F-Type. Nein, die Digitalisierung ist auch bei Jaguar angekommen. Und sie steht den Briten ausgezeichnet.
Viel Zeit bleibt allerdings eh kaum, um sich mit dem Fahrzeug genauer zu befassen (hat Kollege Stantejsyk aber ohnehin schon, und zwar hier), der Konvoi macht sich zur Boxenausfahrt auf. Es sollten sehr gegensätzliche Runden am Red Bull Ring in Spielberg werden. Die erste nämlich, wurde damit verbracht so wenig wie möglich das Bremspedal zu betätigen. Rekuperation und so. In der zweiten wollen die Briten dann endlich zeigen, was man mit dem I-Pace auf dem Track alles so anstellen kann.
Wir müssen zugeben: Es ist verblüffend, wie eine SUV mit stolzen 2,2 Tonnen doch heftig durch die Kurven brettern kann. Ist schon ganz nützlich, dass die nicht gerade leichten Batterien den Schwerpunkt des Fahrzeuges so nach unten drücken. Aber klar, die physikalischen Grenzen kann auch Jaguar nicht ausspielen.
Längsdynamisch ist der I-Pace in klassischer Elektromanier schon ein ordentlicher Hammer. Und am Gas hängen tut das Gerät halt auch wie ein Einser. Ein Verbrennungsmotor kann aus technischer Sicht einfach nie das Ansprechverhalten einer E-Maschine erreichen. Ist so. Dafür macht ein Verbrennungsmotor ordentlich Krach. Und so beruhigend das lautlose Gleiten im Alltag auch sein mag – auf der Rennstrecke willst du eben genau diesen ordinären V8-Krach.
Alltag. Welche Mobilitäts-Schwierigkeiten sind überhaupt in diesem zu bewältigen? Ist die Bordsteinkante zu hoch? Die unasphaltierte Straße ein bisserl zu steil? Oder liegt gar ein ganzer Millimeter Schnee am Boden? All das bewältigen der Land Rover Defender und Discovery mit einem Achselzucken. Die beiden Briten haben viel mehr zu bieten. Viel mehr. Und das wollten sie unter Beweis stellen. Natürlich nicht am Red Bull Ring, sondern am Offroad-Gelände nördlich von diesem. Es ist schon heftig, wie der Defender und Discovery auch im schweren Gelände zurechtkommen. Da geht dir schon längst der Mut aus, doch die beiden Landys boxen dich raus.
Vor allem der Discovery beeindruckt da. Nicht, weil er sich besser durch den Gatsch manövriert, wie der Defender. Er tut es einfach, ohne seinem Fahrer recht viel Können abzuverlangen. Klar, ein bisserl ein Gefühl im Gasfuß hat noch nie geschadet. Im Grunde jedoch könnte ein blutiger Anfänger den Land Rover Discovery durch den Wald jagen. Es würde ihm gelingen.
Natürlich wurden die beiden Offroad-Geräte auch auf asphaltierten Straßen bewegt. Wer schon mal einen Defender gefahren ist, der weiß: Langsam durch’s Gelände, das ist sein Ding. Wer einen Defender schon mal übers große deutsche Eck, von Salzburg nach Innsbruck und wieder zurück, bringen „durfte“ (war ein großer Spaß), der hat, überspitzt gesagt, vor allem eines: Angst.
Da spielt der Discovery seine Stärke aus: Er steht dem Land Rover Defender in Sachen Offroad-Fähigkeiten in absolut nichts nach, legt allerdings einen viel größeren Spagat hin. Den abseits des Geländes, auf schönen Straßen, fährt sich der Discovery genauso bequem wie ein warmgekochtes SUV. Während der Defender mehr so nach C-Führerschein schreit.
Alles in allem war der diesjährige Jaguar Track Day und die Land Rover Experience ein Erlebnis der Sonderklasse. Der Tag war von Diversitäten geprägt, auf Spaß folgte noch mehr Spaß. Jaguar Land Rover hat aufgezeigt, wie breitgefächert das Modellportfolio inzwischen ist, wie viel sich in den letzten Jahren getan hat. Und dass man wirklich alle Stücke spielt: Von der Rennstrecke bis hin zum schweren Gelände.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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