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Mazda CX-60 Diesel: 3,3 Liter auf Sparflamme

Mazda beweist einmal mehr den Mut zum Anderssein. Nicht nur, dass die Japaner lauter als die meisten anderen die Technologieoffenheit predigen und deshalb länger am Verbrenner festhalten wollen, als es den Klimaschützern lieb ist. Oder dass sie jetzt gerade als Range Extender für den elektrischen CX-30 den Wankelmotor aus der Versenkung holen. Nein, jetzt entwickeln sie sogar noch einmal neue Sechszylinder-Verbrenner. Und als wäre das nicht schon ungewöhnlich genug, fangen sie dabei auch noch mit einem Diesel an, bevor zum Jahresende ein Benziner seinen Einstand gibt. Den neuen Selbstzünder gibt es ab März zunächst im Flaggschiff CX-60, dem SUV im Format von BMW X5 oder Mercedes GLE. Der Einstiegspreis gegenüber dem bislang solitären Plug-In-Hybrid liegt gute 500 Euro höher bei 50.500 Euro.

Wo früher ein 2,2 Liter großer Vierzylinder die Spitze der Selbstzünder markierte, ist der neue Motor– ein erneuter Tabubruch – nun dramatisch gewachsen und hat 3,3 Liter Hubraum, die sich auf sechs in Reihe sortierte Zylinder verteilen. Das dient allerdings nicht primär dem Elan oder der Laufruhe, sondern vor allem der Effizienz, erläutern die Entwickler und schwärmen von einem neuen Verbrennungsverfahren mit sehr viel mehr Luft im Gemisch und einem dramatisch erhöhten Wirkungsgrad. „Das ist eine Luftnummer im besten Sinne“, lobt Antriebsingenieur Heiko Strietzel den Magerkurs im Motor.

Weil der Sechszylinder zudem mit einem 48 Volt-Mild-Hybrid-System kombiniert ist, einer ebenfalls auf Effizienz getrimmten und deshalb neuen Achtgang-Automatik ohne verbrauchsintensiven Wandler, weil er für mehr Rekuperation besser und öfter segeln kann als die Konkurrenz und weil er obendrein mit dem gebremstem Schaum von mageren 200 PS und spritsparendem Hinterachsantrieb startet, steht im Datenblatt ein konkurrenzlos niedriger Verbrauch von 5,0 Litern. Und obwohl der Tank in dieser Fahrzeugklasse mit 58 Litern allenfalls durchschnittlich ist, zeigt der Bordcomputer zum Fahrbeginn meist Reichweiten von mehr als 1.000 Kilometern. Davon kann die Generation E nur Träumen und auch mit einem Plug-In-Hybrid ist das nicht zu schaffen.

So sparsam der neue Diesel ist und das auch auf einer halbwegs normal gefahrenen Runde durch die Stadt und über Land mit realen Werten zumindest deutlich unter sechs Litern beweist, darf man sich von dessen Eckdaten allerdings nicht auf die linke Spur locken lassen. Denn wer analog zu den süddeutschen Großdieseln einen souveränen Drehmomentbullen erwartet, der wie ein Souverän über die Autobahn schreitet, der wird vom Sonderling auf Sparflamme ein wenig enttäuscht. Zwar lässt das aufdringliche Knurren nach dem Kaltstart mit steigender Betriebstemperatur schnell nach. Doch so einen richtig sonoren Sound hat der Sechszylinder nicht. Und auch wenn 450 Nm alles andere als wenig sind, erst recht nicht, wenn die E-Maschine des Mild-Hybriden noch einmal 17 PS und 153 Nm einbringt, und ein Sprintwert von 8,4 Sekunden sowie ein Spitzentempo von 212 km/h ein standesgemäßes Fortkommen sichern, ist der erste neue Diesel der Neuzeit eher für Spar- als für Spaßfahrer gemacht.

Das wissen sie auch bei Mazda und haben deshalb noch eine zweite Version in petto: Bevor es in die Sommerferien geht, kommt der Diesel auch mit 254 PS und 550 Nm, sprintet dann in 7,4 Sekunden auf Tempo 100, schafft 219 km/h, fährt und dann serienmäßig auf allen Vieren und braucht trotzdem nur 5,2 Liter. 

Ja, die Japaner fahren mit dem Selbstzünder ganz bewusst gegen den Trend. Und selbst wenn oder vielleicht gerade weil dieser Diesel kein Dampfhammer für Genussfahrer ist, sondern ein rundherum vernünftiges Angebot für einen sparsamen Alltag im echten Leben jenseits der Stadtgrenzen, führt Mazda uns damit eindrucksvoll vor Augen, dass die Electric Avenue womöglich nicht die allein seligmachende Diretissima ins Klimaparadies ist. 

Doch können sich die Japaner freilich nicht ganz von der allgemeinen Stoßrichtung lösen und werden deshalb ihre elektrischen Anstrengungen ebenfalls intensivieren. Bis 2030 soll jeder Verbrenner mit einem milden, einem seriellen, einem vollen oder einem Plug-in-Hybrid zumindest teilweise elektrifiziert werden. In der zweiten Hälfte der Dekade gibt es aus den aktuellen Baukästen ein zweites reines E-Auto und ab 2027 startet eine neue, rein elektrische Plattform in zwei Größen mit einer bislang noch nicht genannten Anzahl weiterer E-Modelle, skizzieren sie den Weg in die Zukunft. „Doch egal was die nächsten Jahre bringen“, sagt Entwicklungsingenieur Strietzel: „das Ende des Verbrenners ist bei uns noch lange nicht in Sicht.“

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