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Mini Cooper SE: Macht Strom wirklich alles besser?

Es hat echt lange gedauert, bis die vielleicht am besten für Elektrofahrzeuge geeignete Automarke überhaupt endlich einen Stromer in Serie gebracht hat. Jetzt ist der Mini Cooper SE da, wir sind ihn gefahren und fragen uns: Macht Strom wirklich alles besser?

Text: Jakob Stantejsky

Keine Frage, der erste elektrische Serien-Mini wird seit dem Mini E-Experiment von 2009 heiß erwartet. Doch trotz der im Konkurrenzvergleich sehr frühen ersten Schritte musste auf den elektrischen Ernstfall nun doch verdammt lange gewartet werden. Bei seiner Präsentation wusste der Mini Cooper SE jedenfalls sofort zu gefallen: Das Design ganz und gar Mini, jedoch mit einigen peppigen Akzenten – so kann man E definitiv gut unter die Leute bringen. Der erste Eindruck, der ja angeblich der wichtigste ist, war also hervorragend, doch wie sehen wir den Mini Cooper SE, nachdem wir ihn tatsächlich auch erfahren konnten?

Optisch taugt der Cooper SE auch in natura super, wie es Minis in der Regel ja immer tun. Außer man braucht ganz viele Zacken, Furchen und Kanten, dann sollte man lieber zum Toyota C-HR oder dem Lamborghini Aventador greifen. Tatsächlich erkennt man den surrenden Mini an seiner Karosserie so gut wie gar nicht. Ja, der Grill ist verschlossen und es gibt kein Endrohr. Davon abgesehen deuten aber eigentlich nur die E-Insignien, die in knalligem Gelb gehalten sind, auf den Antrieb in diesem Elektriker hin. Und wem selbst das zu viel ist, der kann etwa die fröhlichen Außenspiegelabdeckungen und die Zierleiste an der Front auf Wunsch auch verschwinden lassen.

Womit wir bei der wohl auffälligsten Eigenheit des Mini Cooper SE wären, nämlich den extra designten, besonders windschlüpfrigen Felgen. Die sind mal was Anderes, aber sicher nicht jedermanns Fall. Und deshalb – ihr ahnt es schon – können auch die durch normale Durchschnittsräder ersetzt werden. Ob man nun also als offensichtlicher Klimaschützer auftreten oder lieber für sich der Umwelt etwas Gutes tun will, der Mini Cooper SE bietet beide Varianten. Gut so, denn es gibt solche und solche Kunden und das zwanghafte ICHBINELEKTRISCHUNTERWEGS-Branding anderer Marken ist oft auch nervig.

Hat man seinen E-Flitzer also erst wieder zum Tarnkappenstromer umgemodelt, muss man den Unterschied beim Fahren ertasten. Und spätestens hier ist es dann schlicht unmöglich, dessen nicht gewahr zu werden. Das beginnt beim Sound und hört beim rapiden Antritt auf, doch selbst in dieser Hinsicht gibt sich der Mini Cooper SE recht konservativ. Ja, es geht schon flott was weiter. 7,3 Sekunden auf 100 km/h bei einem 184 PS-Motor sind natürlich nur aufgrund der jederzeit zur Verfügung stehenden 270 Nm Drehmoment möglich. Aber beim abrupten Gastritt aus dem Stand merkt man schon, dass Mini den schon aus dem BMW i3 bekannten Elektromotor ein wenig kastriert hat. So richtig mit Hauruck davonschießen, das will er nicht. Dennoch zählt man an der Ampel zweifellos zu den schnelleren Kollegen.

Dass bei 150 km/h Sense ist, kann man in Österreich leicht verschmerzen. Vor allem weil auch der elektrische Mini selbst bei 120 noch anzieht wie ein Benziner. Das Vergnügen wird einem in diesem Elektroauto glücklicherweise keineswegs abgesprochen.

Leider endet ebenjenes aber auch viel früher, als man das gerne haben möchte. Der 32,6 kWh-Batterie werden zwar offiziell rund 235 bis 270 Kilometer angedichtet, in unserer ersten Testfahrt mit Stadt, Land, Autobahn waren aber nicht mehr als 160 Kilometer drin laut Reichweitenanzeige. Zugegeben, zurückhaltend waren wir nicht unterwegs. Aber dass sogar im winzigen Smart EQ an die 120 Kilometer in der Praxis möglich sind, lässt den Mini Cooper SE nicht ganz über jeden Reichweitenzweifel erhaben dastehen.

Solange man rollt, rollt man allerdings schön forsch. Dafür sorgen neben der Beschleunigung auch die flach im Fahrzeugboden verbauten Akkus, die den Schwerpunkt schön niedrig halten (und im gesamten Innenraum keinen einzigen Kubikzentimeter Platz kosten). Der Mini Cooper SE fährt sich fast wie ein jeder Mini – und wer Minis kennt, weiß, dass das ein Kompliment ist. Einzig die Lenkung ist zwar schön straff und streng, wirkt rund um die neutrale Position aber ein wenig zu schwammig.

Dennoch, Fahrspaß herrscht im elektrischen Mini in gewohnt rauhen Mengen, das Interieur ist wie immer hübsch und stylisch gestaltet. Abgesehen von den Instrumenten und den gelben Zierelementen so wie ein paar wenigen E-bedingten Knöpfen wie etwa dem Rekuperations-Schalter könnte man sich auch in einem Otto-Mini wähnen. Apropos Rekuperation: Die lässt sich in zwei Stufen einstellen, wobei das höhere Level problemloses Einpedalfahren ermöglicht, sobald man sich erst dran gewöhnt hat. Sinnvolle Neuerungen, die gut zu einem Elektroauto passen, aber nicht gimmicky wirken – so sollten Elektroautos sein.

Ziehen wir mal einen Strich, unter dem ein Fazit sein zuhause findet: Der Mini Cooper SE hält sich mit Überraschungen sehr zurück, er tritt erstaunlich reif und würdig auf. Wo andere Elektroerstlinge noch etwas unbeholfen oder bipolar unterwegs sind, ergibt der Mini Cooper SE von vorn bis hinten und von innen nach außen durchwegs Sinn. Das bedeutet zwar auch, dass ganz große Revolutionen ausbleiben, aber eine hohe Gesamtqualität ist gleichzeitig dank der gut zehn Jahre Vorerfahrung seit dem Mini E gewährleistet.

Preislich ist der Mini Cooper SE, wie ausnahmslos jedes E-Auto, kein kleiner Spaß. Mit einem ab-Preis von 32.950 Euro ordnet er sich (schon recht gut ausgestattet) etwa 13.000 Euro über dem billigsten Mini Dreitürer und nur etwas mehr als 1.000 Mäuse unter dem entsprechenden John Cooper Works ein. Für echte Petrolheads ist er somit wohl keine richtige Alternative, im Vergleich zum Honda e allerdings schneidet der Brite allerdings ganz gut ab. Dass Elektromobilität nicht nur salonfähig, sondern sogar alltags- und lifestyletauglich sein kann, demonstriert Mini mit dem Cooper SE ganz deutlich.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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