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Seat Mii Electric: Stromer für Sparer

Alle Welt redet vom Elektro-Auto, nur leisten kann sich Modelle wie einen Audi E-Tron einen Mercedes EQ C oder einen Tesla bislang kaum jemand. Und über die Frage, ob es sinnvoll ist, große Geländewagen mit schweren Akkus zu bestücken und damit lange Strecken zu fahren, lässt sich vortrefflich streiten. Doch so langsam gibt es auch am anderen Ende der Skala Bewegung und es surren tatsächlich mal ein paar Stromer auf den Markt, die halbwegs bezahlbar sind und sich des Wettrüstens um Leistung, Tempo und vor allem Reichweite verwehren. Ganz vorne mit dabei ist da eine Marke, die an der Ladesäule bislang nichts zu suchen hatte: Seat. Denn noch bevor die Spanier als Ableger des VW ID.3 ihr erstes Akkuauto aus dem MEB-Verbund bekommen, rüsten sie jetzt den winzigen Mii um und bringen so kurz nach dem Jahreswechsel einen Stromer zum Spartarif in den Handel. Denn schon ohne Förderung starten die Preise bei 20.650 Euro (D) und gehören damit zu den niedrigsten am Markt.

Von Thomas Geiger

Sonderlich viel darf man dafür allerdings nicht erwarten. Nicht vom Auto, das mittlerweile einfach ziemlich in die Jahre gekommen ist und so neben seinen bei 3,56 Metern Länge und 2,42 Metern Radstand vergleichsweise bescheidenen Platzverhältnissen ein etwas antiquiertes Ambiente hat, das auch die neuen Zierkonsolen im Platinen-Look nicht so einfach enstauben können. Ein Touchscreen fürs Infotainment zum Beispiel würde in die Zeit passen und auch die gelungene Smartphone-Integration samt eigener App fürs Elektroauto ist kein Ersatz für digitale Instrumente, die mehr aussagen könnten über Akkustand, Energieverbrauch und Fahrstil, als es der pixelige Bordcomputer und die analogen Anzeigen tun. Und nicht vom Antrieb, über den die Tesla-Fraktion nur müde lächeln wird: Denn mit gerade mal 83 PS und 32,3 kWh hat der Mii weniger E-Power als mancher Plug-In-Hybrid.

Doch so enttäuschend das überland sein mag, weil die Beschleunigung jenseits des Ortschilds arg zäh wird, bei Tempo 130 Schluss ist und man spätestens nach 150 Kilometern nervös nach einer Ladesäule zu suchen beginnt, weil man die 259 Norm-Kilometer ja doch nie erreicht, so vernünftig wirkt das Paket dort, wo der Mii zu Hause ist: In der Stadt. Denn dort ist er mit seinem sofort abrufbaren Drehmoment von 212 Nm ein König beim Kavalierstart und hat nach 3,9 Sekunden Tempo 50 auf der Uhr, er wuselt wieselflink durch den dichten Verkehr und die Reichweite geht dramatisch nach oben: Bis zu 358 Kilometer könne man im Stadtverkehr aus dem Akku quetschen, haben die Spanier ausgerechnet.

Wie nahe man diesem Ziel kommt, hat der Fahrer selbst in der Hand und im Fuß. Nicht umsonst hat Seat gleich drei Fahrprofile programmiert, bei denen schrittweise die Leistung zurückgenommen und die Komfortverbraucher abgeschaltet werden, Und nicht ohne Grund gibt es zudem noch drei Rekuperationsstufen vom schier endlosen Segeln in der ersten bis zu einem derart starken Verzögern in der dritten, dass man sich den Tritt aufs linke Pedal eigentlich sparen kann.

Selbst an die bescheidene Akku-Kapazität gewöhnt man sich irgendwann. Erstens, weil die Strecken in der Stadt ohnehin nur kurz sind und die meisten Kunden damit lässig über mehere Tage kommen werden. Und zweitens, weil der kleine Akku große Vorteile beim Laden hat: Serienmäßig mit 40 kW-Technik ausgestattet, ist der Mii Electric deshalb in einer Stunde zu 80 Prozent geladen.

Zwar markiert der Mii Electric nur den Auftakt einer großen Akku-Offensive bei Seat, doch meinen es die Spanier auch mit dem Winzling für die Ladesäule offensichtlich ernst – die Verbrenner jedenfalls haben sie schon mal aus dem Programm gestrichen.  

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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