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Škoda Kodiaq RS: Power-Polka

Power-Polka im Allwege-Kraftmeier

Der Škoda Kodiaq RS

Und weiter geht’s mit Škodas SUV-Offensive: Der Kodiaq – der junge, tschechische, bis zu siebensitzige Bär – reiht sich jetzt in die RS-Bruderschaft ein. Mit 240 PS aus einem Zweiliter-Biturbo-Diesel. Das reicht für eine Nürburgring-Nordschleifen-Rundenzeit von deutlich unter zehn Minuten.

Text: Beatrix Keckeis-Hiller
Man muss sie einfach mögen, die Škoda-Leute. Für ihre Begeisterung, ihre Freude und ihre Hingabe. In schwierigen Zeiten jenseits jeglicher Larmoyanz, in guten Zeiten abseits abgehobener Arroganz zaubern sie einen automobilen Hit nach dem anderen aus dem Hut. Die Paarung aus zurückhaltendem Design und praktischer Umgänglichkeit – kulminiert unter anderem im vor zwei Jahren gestarteten Midsize-SUV Kodiaq – entwickelt sich weiter: zu selbstbewusster Präsenz bei fast nüchterner Eleganz mit kristallin schmucken Elementen. Bei aller Pragmatismus- und Praxis-Orientierung, anhand der bekannten (und bereits vielfach kopierten) „Simply Clever“-Details, steht bei den Tschechen der Fahrspaß ganz weit oben auf der Liste, ohne, dass das erst extra auf die Fahnen geschrieben werden muss.

Und so meinen sie mit der Frage „everything o.k.?“ nach dem ersten Auslauf der brandneuen RS-Version des Kodiaq gar nicht so sehr, ob das Auto in Ordnung ist, sondern ob sonst alles passt – das Befinden, die Testroute, das Wetter und so weiter, Denn dass die Performance-Interpretation des jungen Tschechen-Bären überzeugend rüberkommt, davon sind sie, selbstbewusst, überzeugt.
Tanz im Kreis

Zu recht, wie wir uns auf der abwechslungsreich gerouteten Strecke von Jerez de la Frontera über Cadiz bis Sancti Petri, in Andalusien, überzeugen haben lassen: auf der Autobahn mit Speedlimit-konformer Gelassenheit (außer in unumgänglichen Überholsituationen), auf der kurvigen breiten oder schmalen Bundesstraße mit scharfer Lenkpräzision, in engen, wild zugeparkten Dorfgasserln mit Wendigkeit, auf zerfurchtesten Schotterwegerln mit Traktions- und Spurstabilität.

Die zahllosen Kreisverkehre im Süden der Iberischen Halbinsel fordern geradezu zu multiplizierten forcierten Power-Polka-Runden heraus. Im Sport-Modus lässt die zweistufige Stabilitätskontrolle sogar dezente Drifts zu. Stets ist der RS-Kodiaq mit lässiger Mühelosigkeit sprintbereit, stets kann man ihn easy anhand seiner feinfühligen Bremsanlage wieder einfangen. Nie haut er einen in den Rücken, selbst im verschärften Sport-Modus federt er Schlaglöcher und anderen Fahrbahnoberflächen-Gemeinheiten ungerührt ab. Es entwickelt sich weder Rüttelig- noch Stoßigkeit.
Zum Sportler geadelt

Für die besondere Freude am Fahren hat Škoda im Zuge der Familienmitgliedschaft im VW-Konzern die RS-Versionen als Top-Typen einiger Modellbaureihen eingeführt. RS steht dabei für „Rallye Sport“, in Reminiszenz an die historischen und heutigen Rennerfolge bei der Monte und ebenso in der WRC2. Das bedeutet unterm Strich: Mehrleistung plus entsprechendem Fahrwerk samt Lenkung und Bremsanlage. Der Octavia (Limousine und Combi) ist in der aktuellen Generation mit diesen Sport-Genen geimpft, in der Diesel-Variante gehört auch Allradantrieb dazu. Den Fabia gibt’s ja leider nicht mehr in einer Muskel-Version für die öffentlichen Straßen, das ist allein dem Rallye-Racecar vorbehalten. Auch den Superb kann man (noch?) nicht als RS haben. Dafür jetzt den Kodiaq.

Erstmals steht damit bei Škoda ein SUV im RS-Adel, damit krönt man gleichzeitig Image-trächtig die laufende Crossover-Initiative. Optisch bemerkbar macht sich die Power-Version des Kodiaq durch Spezial-Zierrat am Exterieur und im Interieur. Prägnantes Zeichen ist das neue Logo, das einzige Detail, an dem wirklich dick aufgetragen wird, in Gestalt eines fetten roten V (steht für „Victory“).
Dezent verziert

Ansonsten bleibt das äußerliche Sport-Dressing recht dezent, geradezu stadtfein: Rund um die Serien-Voll-LED-Scheinwerfer und die LED-Heckleuchten markieren schwarz glanzlackierte Details – Kühlergrill, Dachreling etc. – den Leistungsstatus. Am Heck fallen die angeschrägten verchromten Endrohre nicht zu protzig auf. Stehen tut der Power-Bär auf 22-Zoll-Alurädern, zwischen dem Anthrazit der Speichen flammt das Rot der Sättel an der 17-Zoll-Bremsanlage, mit jeweils innenbelüfteten 340-mm-Scheiben vorne, 310-mm-Scheiben hinten, heraus.

Der Innenraum ist in der ersten Reihe mit (beheizbaren) Sportsitzen bestuhlt, markiert mit RS-Logo und roten Ziernähten. Man sitzt auf perforiertem Alcantara/fein genarbtem Leder und stemmt sich mit den Hüften gegen Carbonleder-Seitenwangen. Der Rücken wird kernig unterstützt, der Seitenhalt ist fest. Ohne RS-Emblem muss auch das abgeflachte (ebenfalls beheizbare) griffgünstige und haptisch angenehme Dreispeichen-Volant – mit Schalt-Paddles verbrämt – nicht auskommen.
Schnellster Siebensitz-SUV

Was das Antriebsherz betrifft, bekennt sich Škoda zur Drehmomentstärke des Diesels. Es ist ein Zweiliter-Vierzylinder, zweistufig Turbo-beatmet. Daraus resultieren 240 PS, unterfüttert von 500 Nm Maximaldrehoment. Die Fahrstufen werden via siebenstufiger Direktschaltung sortiert. Die Antriebskräfte werden über das bekannten Allradsystem (elektronisch gesteuerte hydraulische Lamellenkupplung) den Rädern zugeteilt (ergänzt, je nach Fahrmodus, durch einen Bergabfahrassistenten). Dieses Gesamtpaket treibt den rund 1,9 Tonnen schweren Bären in 6,9 Sekunden von 0 auf 100. Der Top-Speed ist mit 220 km/h limitiert. Das haben wir nicht ausprobiert, auch die spanischen Autobahnen sind dicht mit Radarblitzern garniert.

Dass die Leistungswerte dennoch keine papierene Ansage sind, das hat die Racerin Sabine Schmitz demonstriert. Sie hat den Performance-Kodiaq in 9:29,84 Minuten über die Nürburgring-Nordschleife getrieben. Und damit den Tschechen zum derzeit schnellsten Siebensitz-SUV geadelt. Im Alltagsgebrauch kann der große Bär aber durchaus auch haushalten, dem Euro 6d Temp-zertifizierten Antriebsaggregat wird wirtschaftliche Genügsamkeit attestiert. Es soll mit 6,4 Litern Diesel pro 100 Kilometer auskommen können. Der Durchschnitts-CO2-Wert: 167 Gramm pro Kilometer. Erzielt wird das mit umfangreicher Ausrüstung: Partikelfilter, Oxidations- und SCR-Kat, Abgasrückführung, Ladeluftkühlung, dazu kommt das übliche Start-Stopp- und auch ein Bremsenergierückgewinnungs-System.
Knackig & kehlig

Nicht nur mächtige Vortriebskraft haben die Tschechen implantiert, ebenso ein entsprechendes knackiges Sport-Fahrwerk, samt elektronischer Differenzialsperre an beiden Achsen, adaptiver dynamischer Dämpferregelung und sechs Fahrmodi – Eco, Comfort Normal, Sport, Snow und Individual. Dazu kommt eine Progressivlenkung, die das Einlenkverhalten spürbar schärft. Um das zu erfahren muss man sich erst gar nicht durchs Kurvige wühlen, das macht sich schon im wuseligen spanischen Stadtverkehr angenehm bemerkbar.

Zur Gesamt-Souveränität trägt auch die penible Geräuschdämmung bei. Das beginnt bereits beim Motor, dessen Vibrationen durch Ausgleichswellen gedämpft sind. Doch was ein Sportler sein soll, das muss auch grölen können. Škoda setzt dafür ein dynamisches Sound Boost-System ein, das den Auspuffgeräusch-Schall dreistufig komponiert – von verhalten kehlig bis kräftig orgelnd. Manchmal brabbelt der Vierzylinder fast wie ein Sechser. Man kann’s aber auch komplett ausschalten (im Eco-Modus), das auch im Sinne der Familienfreundlichkeit. Denn die bringt der RS-Bär genauso mit wie seine Brüder.
Dennoch praktisch

Dazu gehören die optionale Siebensitzigkeit, die riesengroße Ladehöhle (bis zu 1.950 Liter Volumen) und die bekannten „Simply Clever“-Features, darunter ein virtuelles Heckklappenpedal plus elektrisch betätigtem Schließmechanismus, Gepäcknetze, Taschenhaken etc. So gut wie alles ist da, selbstverständlich auch der berühmte Eiskratzer im Tankklappen-Deckel. Dabei sein kann auch ein Schlafpaket für die Fond-Sitze, mit Decke und der Nackenversteifung vorbeugender Kopfstütze.

Dass man sich nebst Fahrstabilisierungs-Elektronik inklusive Berganfahrassistent mit Digitalem nicht hat lumpen lassen, das darf angebommen werden. In Serie an Bord hat der Kodiaq RS: virtuelles Cockpit (12,3 Zoll) mit Carbonlook-Hintergrund, Acht-Zoll-Touchscreen für Infotainment und Navigation (mit Verkehrszeichen-Erkennung), WLAN-Hotspot, adaptiven Abstandsregeltempomat, Notbremshelfer, Frontradar mit Fußgängererkennung, Parksensoren vorne und hinten (inkl. Rangierunterstützung), Fernlichtassistent und noch einiges mehr.

Bestellungen werden bereits entgegengenommen. Die Preistabelle startet bei 55.590 Euro für den Fünf-, bei 56.440 Euro für den Siebensitzer. Offizieller Marktstart ist im kommenden Februar.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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