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Toyota Highlander: Auf großem Fuß

Von wegen Vernunft! Zwar wächst überall rasant die Nachfrage nach kleinen oder zumindest kompakten Geländewagen. Doch auch am anderen Ende des Marktes ist offenbar noch Luft – glauben sie zumindest bei Toyota und holen deshalb jetzt den in den USA seit über 20 Jahren ausgesprochen erfolgreichen Highlander nach Europa. Technisch weitgehend identisch mit dem RAV4, bei 4,97 Metern aber rund 35 Zentimeter länger, kommt er im Februar zu Preisen ab 57.990 Euro in den Handel.

Für einen Aufschlag von stolzen 10.000 Euro gibt es gegenüber dem RAV4 nicht nur ein Design, das mehr Respekt einflößt und von größerem Selbstbewusstsein zeugt. Sondern vor allem gibt es mehr Platz: Bei 2,85 Metern Radstand haben die Japaner eine dritte Sitzreihe eingezogen und machen den Highlander so zum Ersatz für die weitgehend vom Markt verschwundenen Vans. 

Während der Fahrer dabei vor einer neuen Multimedia-Landschaft mit allerdings noch analogen Anzeigen für Tempo und Drehzahl thront und sich umgeben von reichlich Ab- und Auflagen breitmachen kann, lassen die Freiheiten weiter hinten ein wenig nach: Zwar gleitet die mittlere Sitzbank weit nach vorne, und es mangelt auf der Ausstattungsliste nicht an Annehmlichkeiten für die Hinterbänkler. Doch ein bisschen gymnastisches Geschick kann nicht schaden, wenn man sich in die dritte Reihe schlängeln will. Für Kinder ein netter Abenteuerspielplatz fernab der elterlichen Kontrolle, sind die Plätze sechs und sieben für Erwachsene eher ein Notbehelf. Dafür gibt’s es Stauraum satt: Schon bei voller Bestuhlung fasst der Highlander stolze 332 Liter, und bei umgelegten Rückbänken wächst der Kofferraum erst auf 865 und dann auf bis zu 1.909 Liter. 

Bevor jetzt angesichts der großen Formats gleich wieder die SUV-Kritiker aus den ihnen so lieben und teuren Büschen springen, beruhigt Toyota die Gemüter mit der Wahl der Motoren. Denn der bei den Amerikanern so beliebte V6-Benziner bleibt außen vor und bei uns gibt es den auf Konkurrenten wie den Ford Explorer, den Kia Sorento oder den Skoda Kodiaq zugeschnittenen Japaner ausschließlich als Hybrid. Selbst von einer Plug-In-Version nimmt Toyota Abstand, weil die auf dem Papier natürlich sparsamer ist, in der Praxis aber nur dann Vorteile bringt, wenn der Fahrer brav an der Ladesäule pausiert. 

Einzige Option ist deshalb das aus dem RAV4 bekannte Trio aus einem 2,5 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 190 PS an der Vorderachse, einer E-Maschine von 134 kW im Bug und einer Hinterachse, die von einem zweiten E-Motor mit 40 kW angetrieben wird. Die Energie dafür liefert ein Akku, der noch auf Nickel-Metallhydrid Technik setzt und weniger als zwei kWh Kapazität hat. Das reicht zwar auf dem Prüfstand nicht einmal für zwei Kilometer elektrischen Fahrens. Doch drückt es den Normverbrauch auf vernünftige 6,6 Liter und in der Praxis staunt man nicht schlecht, wie oft die grüne EV-Lampe im Cockpit tatsächlich brennt und wie häufig der Highlander auf leisen Sohlen durch die Stadt surrt. 

Das wird einem umso bewusster, je weiter man sich aus der Stadt wagt und je kräftiger man Gas gibt. Denn auch wenn das Motorentrio auf eine Systemlistung von 249 PS kommt und mit zusammen mehr als 500 Nm zu Werke geht, wirkt der Highlander bei forcierter Gangart lange nicht so souverän, wie man es sich bei einem derart großen SUV wünschen würde. Natürlich gehen 8,3 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h in Ordnung und über eine elektronische Begrenzung auf 180 km/h regen sich allenfalls noch ein paar deutsche Bleifüße mit hohem Autobahnanteil auf. Doch im Elan von einer stufenlosen Automatik arg ausgebremst und dabei eher von der lauten Truppe und außerdem in Sachen Fahrwerk und Lenkung auf der komfortablen Seite der Straße zu Hause, erzieht der Highlander zu einer gemütlichen und gelassenen Fahrweise, die am Ende nicht nur gut ist für den Blutdruck, sondern auch für den Verbrauch. Denn anders als bei den Premium-Modellen aus dem deutschen Süden und erst recht bei den Plug-in-Hybriden ist der Unterschied von Theorie und Praxis beim großen Toyota am Ende vergleichsweise gering. 

Zwar rüsten die Japaner mit dem Highlander kräftig auf und bringen ihr bis dato größtes SUV ins Land. Doch so ganz sind sie nicht von der Vernunft verlassen. Erstens, weil sie ihr Flaggschiff für Freizeit und Familie nur als Hybrid anbieten, und zweitens, weil sie bald auch am anderen Ende nachlegen. Denn schon in ein paar Wochen bekommen RAV4 und C-HR mit dem Yaris Cross auch einen kleinen Bruder. 

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