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BMW 3er: Der goldene Mittelweg

Kaum ein Fachvokabel in der Autobranche klingt fader als „Mittelklasse-Limousine“. Doch genau das ist und bleibt der BMW 3er. Nur, dass er kein fader Zipf ist, sondern alles kann. Da wird der goldene Mittelweg zur fünfspurigen Autobahn, auf der Ehrgeizler und Faulenzer gemeinsam unterwegs sind.

Text: Jakob Stantejsky

Alleine an der Bandbreite an BMW 3er-Fahrern lässt sich ein gewisses Multitalent erkennen. Denn vom gutbürgerlichen Pensionisten bis zum Auspuffanlagen manipulierenden Petrolhead findet man quasi jeden Charakter unter den 3er-Besitzern. So wird das auch bei der neuen Generation bleiben. Denn schon die Motorenauswahl bietet vom sparsamen Diesel über den kraftvollen Hybrid bis hin zum röhrenden Sechszylinderotto alles, was man brauchen kann. Vom kommenden M3 gar nicht zu reden. Unter der Haube unseres Testwägelchens werkelt der viertöpfige Benziner mit zwei Litern Hubraum und 258 PS – kurz: 330i.

Wie das ihn umhüllende Auto zeigt sich der Motor vielseitig. Smoothes Gleiten oder aggressive Kurvenhatz – der 3er ist dabei und macht bei Bedarf ordentlich Stimmung. Dafür braucht er keine dick auftragenden Schürzen oder überdrehten Sound, sondern nur seine beeindruckenden Fahrleistungen. Da geht es uns jetzt weniger um die 5,8 Sekunden auf 100, sondern vielmehr darum, wie knackig diese Mittelklasse-Limousine auf der Straße klebt. BMW ist und bleibt in diesem Segment unangefochtener sportlicher Spitzenreiter. Ganz ohne Spezial-Sportversion, sondern einfach von Grund auf. Ein BMW muss Spaß machen und der 3er hat sich das ganz tief zu Herzen genommen. Doch er kann auch anders.

Gaaaanz cremig kann er nämlich unterwegs sein. Dann gleiten die Insassen geschmeidig durch die Landschaft und falls ein Überholmanöver vonnöten ist, wird das flugs mit geballter Kraft abgehakt. Sagen wir es so: Der Fahrer des 3er hat die Entscheidungsgewalt darüber, ob den Hinterbankler schläfrig oder schlecht wird.

Der Kapitän selbst schaltet und waltet auf einer ansehnlichen Kommandobrücke mit digitalem Cockpit, großem, angenehm zu bedienendem Infotainmentscreen und vor allem dem typischen BMW-Lenkrad. Leder, eh klar. Aber es liegt auch noch perfekt in der Hand und daran zu kurbeln ist eine wahre Freude. Kein schwammiges Rühren aber auch kein Kraftakt – man fühlt sich exakt so, als hätte man alles unter Kontrolle. Das Auto sowieso. Doch auch der Straße selbst wähnt man sich besonders verbunden. Dieses Fahrzeug fährt man gerne, allein schon des Drinsitzens wegen.

Platz und Komfort sind reichlich vorhanden und ich gebe zu, dass ich an der sehr hellbeigen, fast schon weißen Innenausstattung einen Narren gefressen habe. Schaut superedel aus und sorgt für gute Laune im Vergleich mit dem oftmals verwendeten, immergleichen Schwarz. Kostet natürlich ein Bisschen was, gar keine Frage. Aber der niedrige Preis war sowieso noch nie eine BMW-Stärke. Dafür bekommt man auch in allen Belangen beste Qualität. Ob es einem das wert ist, muss jeder selbst entscheiden. Denn zumindest teilweise bezahlt man immer auch einfach nur den Markennamen.

Viel zu meckern gibt es beim neuen 3er nicht. Ist so. Genau wie seine deutschen Premiumkollegen C-Klasse und A4 kann er alles, was er können soll und das meiste davon richtig gut. Für all jene mit besonders ausgeprägtem Hang zur Sportlichkeit bleibt der Wermutstropfen, dass nur mehr die beiden kleinsten Diesel als Handschalter zu haben sind. Ich hätte ihn auch gern manuell probiert, den 3er. Aber die modernen Zeiten und vor allem die Mehrheit der Käufer wollen eben etwas anderes, das heißt es zu akzeptieren.

Dass sich BMW bei jedem Auto dennoch allergrößte Mühe gibt, die Dynamik zu wahren, rechnen wir ihnen hoch an. Und der neue 3er beweist, dass das nicht zu Lasten des Komforts fallen muss. Der goldene Mittelweg kann eben doch ziemlich cool sein.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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