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Dacia Sandero Stepway: Der präfrontale Cortex tanzt

Ein plastiklastiger Materialienmix, mittelmäßige Verarbeitung und ein knurriger Dreizylinder: Wenn Sie denken, jetzt einen richtig schönen Verriss zu lesen, müssen wir Sie enttäuschen.

Viel mehr werden Sie in den nächsten paar Absätzen eine Huldigung des Dacia Sandero Stepway lesen, ja fast schon eine Liebeserklärung. Aber halt nur: fast. Weil für wahrhaftige Liebe und Leidenschaft zielt der rumänische Amor mit seinem Pfeil dann doch etwas zu hoch, verpasst das Herz deutlich, dafür bohrt er sich mit Wucht durch das Stirnbein, direkt in den präfrontalen Cortex. Der ist aktiv, wenn Handlungen geplant und Probleme gelöst werden.

Folgende Problematik also: Jungfamilie mit einem eher kleinen Budget sucht Auto. Kosten: Unter 15.000 Euro, mit Bauchweh vielleicht 16.000, mit Bauch- und Kopfweh vielleicht 17.000 Euro. Und ein bisserl einen Platz muss er schon bieten. Was also kommt in Frage? Klar: diverse Kompakte. VW Golf, Ford Focus, Hyundai i30 – allesamt ein paar Jahre alt, allesamt mit fünfstelligen Kilometerständen. Oder: der Dacia Sandero Stepway. Mit null Kilometern am Tacho, frisch vom Band.

Natürlich, er ist schon ein wenig kleiner. Rund 4,1 Meter misst der Sandero Stepway in der Länge, immerhin 328 Liter Kofferraumvolumen verbergen sich hinter der Klappe. Das Platzangebot für die Passagiere: geht voll in Ordnung, vorne wie hinten. Was aber vor allem überrascht, ist die doch sehr angenehme Atmosphäre im Innenraum, zumindest in der höheren der beiden Ausstattungslinien (Comfort).

Mit 328 Litern Volumen ein durchaus brauchbarer Kofferraum.

Ein mit Goldadern versehenes und über Jahrtausende gereiftes Mahagoni-Holz als Zierelement darf man sich zwar nicht erwarten, immerhin gibt es aber recht viel Stoff sowie orangene Farbkleckse, die einen freundlichen Eindruck schaffen. Serienmäßig in der Comfort-Ausstattung ist auch noch das 8-Zoll-Display (samt Navi), das für den modernen Touch sorgt. Einen Notbrems-Assistenten gibt’s hingegen schon in der unteren Ausstattungslinie.

Klar gibt’s viel Plastik, allerdings auch einige Stoffelemente.

Viel Potential zum Geldausgeben bleibt dann nicht mehr. Das Klimapaket für knapp unter 600 Euro netto vielleicht, das mit Sitzheizung vorne und einer Klimaautomatik aufwartet. Eine Rückfahrkamera kann man auch ordern, bei keinen 4,1 Metern Länge müsste das serienmäßige Gepiepse aber ausreichen. Empfehlenswert ist hingegen das Komfort-Plus-Paket mit Keyless-Go und einer elektrischen Handbremse.

Weniger Auswahl hat man bei der Motorisierung: Ein Liter Hubraum, der sich auf drei Zylinder aufteilt und von einem Turbo unter Druck gesetzt wird, etwas anderes hat Dacia hierzulande nicht im Regal, zumindest für den Stepway. Allerdings kann man sich eine Automatik gönnen. Mehrpreis: Über 1.000 Euro. So gesehen also das teuerste Extra.

Modernes Design, nicht zuletzt dank der LED-Scheinwerfer.

Brauchen tut man das aber nicht, zumal es sich um ein CVT-Getriebe handelt. Laut den offiziellen Daten sorgt diese Kombination weder für einen geringeren Verbrauch, noch für ein flotteres Vorankommen – ganz im Gegenteil. Apropos flottes Vorankommen: In der Pressemeldung spricht man von einem „reaktionsschnellen Antritt“ und „großen Fahrkomfort“.

Richtig komfortabel ist der TCe 90 jetzt aber nicht. Klar, die Erwartungshaltung muss man ohnehin herunterschrauben – suprise, suprise, er ist nicht ganz so laufruhig wie ein Reihensechser von BMW. Nichtsdestotrotz: Wir sind doch schon kultiviertere Dreizylinder gefahren. Fair enough: Unser Sandero Stepway war nigelnagelneu, wie laufruhig das Triebwerk nach 1.000 Kilometern ist, wäre interessant. Anderseits aber auch: irrelevant. Weil jene kultiviertere Dreizylinder waren entweder teurer oder verrichteten ihre Arbeit in kleineren Autos.

Recht laufruhig ist der Einliter-Dreizylinder nicht. Möglich, dass das nach mehreren Kilometern besser wird.

Außerdem sind die zwölf Sekunden von 0 auf 100 km/h voll okay, ebenso wie der Verbrauch, der offiziell bei 5,1 bis 5,8 Liter pro 100 Kilometer liegt. Das alles (sprich: Sandero Stepway in der Comfort-Ausstattung und mit Handschaltung) gibt es – und jetzt kommen wir zur Kernkompetenz – für mindestens 13.790 Euro, volle Hütte kostet knapp unter 17.000 Euro. Natürlich inklusive drei Jahren Garantie respektive 100.000 Kilometer. Und inklusive Pickerl-Überprüfung nach erst drei Jahren. Der präfrontale Cortex tanzt.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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