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Jungfernfahrt mit BMW M3 und M4

Der Mercedes-AMG C63 ist stärker und macht mehr Spektakel und der Audi RS4 hat vielleicht mehr Raffinesse – doch wenn es um Präzision und Performance geht, führte bislang am BMW M3 kein Weg vorbei. Denn konsequenter als die Konkurrenz haben die Bayern ihren Kraftmeier vor allem auf der und für die Rennstrecke entwickelt und dabei bisweilen auch ein paar Abstriche im Alltag in Kauf genommen. Doch jetzt werden die Karten neu gemischt und BMW geht als erster in diesem Trio mit der nächsten Generation ins Rennen. Auch für sie lässt die Weltpremiere zwar noch bis zum Herbst auf sich warten und der Verkauf startet erst zum Jahreswechsel. Doch um die Claims schon einmal abzustecken und der Vollgasfraktion schon mal den rechten Fuß zu kitzeln, haben die Bayern bereits jetzt zur ersten Ausfahrt in ihren ziemlich finalen Prototypen gebeten.

Von Thomas Geiger

Die tragen zwar noch eine dicke Tarnung und sind vor allem am Bug derart verklebt, dass man die riesige Niere als Übernahme aus dem neuen Vierer allenfalls erahnen kann. Doch zumindest der Reihensechser hinter dem eigenwilligen Grill lässt an seinen Absichten keine Zweifel aufkommen. Er ist auf Attacke programmiert und dafür noch einmal kräftig gestählt worden. Statt zuletzt maximal 460 PS leistet das deutlich weiterentwickelte Triebwerk nun schon im Grundmodell 480 und kommt im zeitgleich lancierten „Competition“ gar auf 510 PS. Flankiert von maximal 650 Nm reicht das für einen Sprintwert deutlich unter vier Sekunden und ein Spitzentempo, das nur der Form halber auf 250 Sachen limitiert wird. Ein Häkchen auf dem Bestellzettel und ein paar Winkelgrade mehr im rechten Fuß und der M3 rennt mühelos in Richtung 300 und es ist mehr eine Frage des Marketings als des Machbaren, wo genau die Ingenieure dann Schluss machen werden.

Fortschritt gibt’s aber nicht nur beim Antrieb, sondern auch beim Fahrwerk. Haben die Bayern schon beim Generationswechsel des normalen Dreiers einen ordentlichen Satz gemacht, wird daraus beim M3 ein richtiger Sprung und dank Mischbereifung, neuer Achskinematik, bissigerer Bremsen und vor allem einer deutlich steiferen Karosserie stürmt der Prototyp noch souveräner über den Sachsenring: Er wirkt gelassener auf der langen, schnellen Gerade, schraubt sich wie von selbst durch die Schikanen und quittiert die Lastwechsel ohne Nicken oder Wanken. Natürlich hat der M3 beim Generationswechsel ein paar Kilo zugelegt und ist wieder ein wenig gewachsen. Doch am Lenkrad fühlt man davon nichts, so leichtfüßig und handlich lässt sich der Dreier über den knapp vier Kilometer langen Kurs treiben. Wären da nicht all der Lack und das viele Leder und die abgesehen von den beiden roten M-Tasten im Lenkrad die vertraute Cockpit-Landschaft, man könnte glatt vergessen, dass man in einer beinahe braven Limousine sitzt.

Und wer dem Frieden nicht traut, dem macht BMW künftig ein neues Angebot: Zum ersten Mal wird es den M3 auch mit Allradantrieb geben, stellt Entwicklungschef Dirk Häcker in Aussicht. Während die Bayern damit dem Vorbild von Audi und Mercedes folgen, bewahren sie an anderer Stelle ihren Eigensinn: Als letzten seiner Art gibt es für den M3 als Alternative zur Achtgang-Automatik auch künftig wieder ein Schaltgetriebe, und das ist so knackig abgestimmt, dass man bei jedem Gangwechsel das Hohelied auf die Handarbeit singt. Klar, macht die Achtgang-Automatik einen tollen Job und schaltet schneller als jeder Profi – aber selbst zum Knüppel zu greifen, ist um so befriedigender.

Mit den ersten Runden auf dem Sachsenring machen die Bayern unmissverständlich klar, dass sich der Anspruch an M3 und M4 nicht verändert hat: „Mit jedem M-Modell bringen wir Rennsport- Technologie auf die Straße“, sagt M GmbH-Chef Markus Flasch legt die Latte für die Konkurrenten in Sachen Performance und Präzision mit dem Generationswechsel nochmal ein gutes Stück höher.

Nur was die Power angeht, ist das Rennen diesmal völlig offen. Auf dem Papier werden BMW und Mercedes zwar die Plätze tauschen, weil die Bayern dem Sechszylinder die Treue halten, während die Schwaben beim nächsten C63 AMG dem Vernehmen nach dramatisch abrüsten und auf vier Zylinder zurückgehen. Doch weil sie den Verzicht mit einem starken E-Motor kompensieren, werden die Karten neu gemischt und der Kampf um die Pole Position beginnt aufs Neue.      

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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