DriveGREEN

Stellantis: Vollstrom in die Zukunft – das Gewerbe von morgen?

Auch, wenn Elektrofahrzeuge aktuell nur rund 1,2 Prozent am Fahrzeugbestand in Österreich ausmachen, die Neuzulassungen zeigen: Strom ist auf dem Vormarsch. Und zwar nicht nur im klassischen PKW-Segment.

Das zeigt vor allem der Blick auf jenen Teil des Stellantis-Konzerns, den man „früher“ unter PSA kannte. Dort bieten Peugeot, Citroen und Opel eine Reihe vollelektrischer Kastenwagen und Kleinbusse an. Drei Versionen davon, nämlich der Opel Zafira-e Life, der Citroen e-Spacetourer und der Peugeot e-Expert, waren bei uns zu Gast, um mit drei Mythen rund um das Thema Elektromobilität aufzuräumen. Ob ihnen das gelungen ist?

Der Elegante

Frei nach Falco: Muss ich den sterben, um zu leben? Bezogen auf den Opel Zafira: ja, sorry. Der ist den meisten Menschen noch als praktischer Mini-Van in Erinnerung. Weil dieses Segment seit vielen Jahren aber nur so vor sich hin vegetiert, musste auch der Zafira den Löffel abgeben – durfte aber prompt wiederauferstehen. Und zwar als Kleinbus und mit neuem Namen: Zafira Life. Passend, gell?

Jedenfalls ist dieses 1 Life ein wirklich komfortables im Zafira-e Life – und ein elegantes noch dazu. Nach dem Motto „back in black“ schwarz lackiert und mit abgedunkelten Scheiben ausgestattet tritt der 8-Sitzer (bis zu neun Plätze wären möglich) so auf, als würden sich ganz, ganz wichtige Leute in ihm befinden. Die es dort dank der Ledersitze und dem fetten Panoramaglasdach auch sehr schön haben. Minuspunkte gibt’s für die USB-Ports hinten: Die haben wir nämlich nirgends gefunden.

Mit etwas Nutzfahrzeug-Flair muss eigentlich nur der Chauffeur zurechtkommen. Dafür nimmt ihm die Elektronik das Türaufmachen ab, ein Head-up-Display den Blick zu den Instrumenten und eine Rückfahrkamera gibt es auch. Vor allem aber: Kein Rucken durch Schaltvorgänge, kein aufdringlicher Traktorsound – weshalb Elektromobilität für den Personentransport eigentlich prädestiniert ist. Wenn da nicht die Sache mit der Reichweite wäre. Oder?

Mythos #1: Elektro-Fahrzeuge sind unpraktisch

Zum Rasenmähen kauft man sich keinen Hammer: Wer einen VW Bus besitzt, um mit diesem zum traditionellen Familienstreit nach Kroatien zu düsen, der wird jetzt noch nicht auf etwas Elektrisches umsteigen. Einsatzbereiche gibt es für so einen Zafira-e Life trotzdem – und zwar primär im gewerblichen Bereich. Für Hotels oder Taxiunternehmen ist er eine ernsthafte Alternative. Zumindest, wenn die Praxisreichweite von rund 200 Kilometern bei guten Bedienungen zum Mobilitätsbedürfnis passt.

Der Sympathische

Ebenfalls feine Ledersitze finden sich im Citroen e-Spacetourer wieder. Nur von außen wirkt er wegen der Lackierung und dem Markengesicht nicht ganz so elegant, dafür auch freundlicher, kumpelhafter. Ein wirklich guter Kumpel ist er auch in der Stadt: Das liegt einerseits daran, dass man mit ihm leichter einen Parkplatz findet: Als „M“ ist er knapp unter fünf Meter lang, während der Zafira als „L“ diese Marke um dreißig Zentimeter überschreitet. Und anderseits liegt das am Elektromotor: Wie der Zafira-e Life und alle anderen E-Fahrzeuge von Peugeot, Citroen, DS und Opel wird er von 136 PS angetrieben. Klingt erstmals untermotorisiert: 136 PS? In einem zwei Tonnen schweren Kleinbus?

Tatsächlich hinkt der e-Spacetourer seinen Geschwistern mit Verbrennungsmotor beim Paradesprint etwas hinterher. Doch vor allem im urbanen Bereich macht der Kleinbus einen wirklich spritzigen Eindruck, der sofort anliegenden Leistung sei Dank.

Mit Landstraßentempo ist es übrigens noch nicht getan, der e-Spacetourer schafft 130 km/h Spitzengeschwindigkeit, ist also für notorische Zuschnellfahrer auch ein Freund fürs Börserl. Wobei man das Maximaltempo zwecks Reichweite freilich nicht sehr lange ausschöpfen sollte – und kann. Besonders, wenn die kleinere 50 kWh-Batterie geordert ist. Die macht allerdings trotzdem Sinn – vor allem für Menschen, denen es ernst ist mit dem Klimaschutz.

Mythos #2: Elektroautos sind umweltschädlicher

Viele Gegner der E-Mobilität haben vor allem emotionale Vorbehalte, quasi nach dem Motto: „Da heat ma jo nix.“ Allerdings gibt es auch eine Reihe rationaler Argumente, zum Beispiel die Sache mit der Batterie: Deren energieintensive Herstellung sorgt dafür, dass der E-Wagen im Vergleich zum konventionell angetriebenen Fahrzeug mit einem CO2-Nachteil ins Leben startet, den er Kilometer für Kilometer aufarbeitet. Laut dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung fallen 70 bis 130 Prozent mehr Treibhausgasemissionen bei der Produktion eines E-Autos an. Wie viel genau, ist von mehreren Aspektren abhängig: der Energiequelle, der Energieeffizienz der Produktion – und der Größe der Batterie.

Heißt also: Je kleiner der Akku, desto schneller rechnet sich das E-Fahrzeug in Bezug auf die CO2-Bilanz. Freilich kommt da noch ein weiterer Einflussfaktor hinzu, nämlich: Mit was für Strom denn geladen wird. Aber grundsätzlich sind kleinere Akkus besser für die Umwelt. Weshalb beispielsweise Mazda dem MX-30 bewusst nur eine 35,5 kWh große Batterie spendiert.

Zurück zum Citroen e-Spacetourer. Der ist mit dem 50 kWh-Akku also nicht nur günstiger, sondern auch umweltfreundlicher. Ob man zur kleinen Batterie greifen sollte? Oberstes Gebot wieder: Kenne dein Mobilitätsbedürfnis. Tatsache ist, dass im Schnitt die meisten Taxis auf 150 bis 200 Kilometer Laufleistung pro Tag kommen. Und vor allem ersteren Wert bekommt der Citroen e-Spacetourer mit der 50 kWh großen Batterie wohl auch im Winter hin.

Der Anpacker

Opel Zafira-e Life und Citroen e-Spacetourer verschleiern gut, dass ihre Basis eigentlich Kastenwagen sind. Womit wir zum letzten Fahrzeug kommen: Dem Peugeot e-Expert. Den gibt es wie seine Verbrennungsvarianten in drei verschiedenen Längen, von 4,6 bis 5,3 Meter. Unsere goldene Mitte misst 4,9 Meter und ist mit der großen 75 kWh-Batterie ausgestattet. Der Reichweiten-Zuwachs ist mehr als nur spürbar: Die offiziellen 330 Kilometer sind zwar wirklich nur bei leerem Fahrzeug, Top-Bedingungen und einem Gaspedal, das nur zärtlich gestreichelt wird, machbar. Aber für 280 Kilometer ist er schon gut, zumindest im Sommer.

Apropos leerem Fahrzeug: 5,3 Kubikmeter fasst der Laderaum der Standardversion. Außerdem wartet der e-Expert mit großem Akku und in der Standardlänge mit rund 930 Kilogramm Nutzlast auf. Erweitern könnte man die auch, dann allerdings muss zur kleinen Batterie (oder zum Verbrenner) gegriffen werden. Aber auch so braucht sie sich nicht zu verstecken, die ähnlich motorisierten Diesel-Versionen schaffen nur ein paar Kilogramm mehr – wenn sie halt nicht mit erweiterter Nutzlast geordert werden.

Mythos #3: Elektroautos sind teuer.

Also: Abgesehen von der Reichweite und dem Nachladen unterscheiden sich die Diesel kaum von den Elektrikern in Sachen Praktikabilität. Gut, klingt ein bisserl komisch, weil das freilich fundamentale Unterschiede sind, aber wie oft erwähnt: Hängt halt alles vom Einsatzradius und der Infrastruktur ab. Einer wichtigen Frage sind wir allerdings noch nicht nachgegangen, nämlich der des Preises.

In der Premium-Ausstattung und Standardlänge startet der Peugeot e-Expert mit 75 kWh-Batterie bei 47.760 Euro brutto. Der vergleichbare Diesel – 145 PS und Achtgangautomatik – ist mit einem Brutto-Preis von 34.025 Euro arg günstiger, das muss man so sagen. Allerdings relativiert sich dieses Bild recht schnell. So ein (e-)Expert wird halt eher weniger von Privatkunden gekauft werden, was insofern wichtig ist, da beide Modelle vorsteuerabzugsberechtigt sind. Die Nova, die es mittlerweile ja auch für leichte Nutzfahrzeuge gibt, entfällt aber freilich nur beim elektrischen Kastenwagen. Die Preisdifferenz schrumpft von über 13.000 Euro auf rund 11.000 Euro, der 145 PS-Diesel kostet exklusive Umsatzsteuer 28.525, der e-Expert 39.800 Euro.

Die Aufholjagd beginnt jetzt erst so richtig: Leichte E-Nutzfahrzeuge werden nämlich vom Staat gefördert. Für jene, die über 2,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht im Fahrzeugschein stehen haben, springen insgesamt 12.500 Euro raus – und ob kurz oder lang, große oder kleine Batterie: jeder e-Expert überschreitet diese 2,5 Tonnen-Marke. Der e-Expert dürfte unterm Strich also sogar etwas günstiger sein. Außerdem sind die laufenden Kosten auch geringer. Der Restwert beim Verkauf dafür aber auch.

Zusammengefasst kann auch dieser Mythos verworfen werden – bis zu einem gewissen Grad zumindest. Weil der Basispreis natürlich grundsätzlich schon signifikant höher ist – nur werden E-Nutzfahrzeuge eben ordentlich gefördert. Ähnlich die anderen beiden Mythen: Ob sie zutreffen oder nicht, hängt von vielerlei Faktoren ab. Die Welt ist halt nicht nur Schwarz und Weiß. Sondern auch: orange.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

Weitere Beiträge

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"