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Hyundai Casper: So charmant geht Kleinwagen

Wer sagt denn, dass Kleinwagen keinen Spaß machen dürfen? Denn nur weil die Entwickler dabei auf jeden Cent schauen sollen, müssen sie deshalb nicht gleich auch am Charme sparen. In Europa ist dafür der beste Beweis der Dauerbrenner Fiat 500 und in Korea der Hyundai Casper. Denn während die Koreaner uns hier im Westen mit dem kreuzbraven i10 beglücken, machen sie daheim im fernen Osten mit einem charmanten Winzling im Geist des schmunzelnden Gespenstes Casper Stimmung auf den Straßen der Hauptstadt. Ähnlich große Europäer wie der VW Up! oder der Renault Twingo erscheinen dagegen gar vollends als Spießer.

„Das kommt dabei raus, wenn man einen Fiat 500 mit einem Jeep Wrangler kreuzt“, sagt Designchef Simon Loasby mit einem breiten Lächeln und lässt sich von der guten Laune des Winzlings anstecken. Strahlend präsentiert er das kleine Grinse-Gesicht oberhalb der hinteren Türgriffe, lacht über den rustikalen Unterfahrschutz, wo der Casper doch ein schnöder Fronttriebler ist und mit dem Abenteuer genauso fremdelt wie ein Europäer mit den koreanischen Schriftzeichen, schwärmt von den dreidimensionalen Heckleuchten oder dem Hyundai-Logo hinter Glas und zeigt stolz auf die beiden Augen, die den Hintermann aus dem Schriftzug anlachen, weil die Designer noch zwei Punkte in das A und das P gepappt haben. Und weil unter der Haube schließlich ein Turbo steckt, leistet er sich sogar mächtige Lufteinlässe wie ein Porsche 911. Außerdem prangt serienmäßig eine Reling auf dem Dach, die zwei Handbreit höher ist als bei konventionellen Kleinwagen.

So pfiffig wie die Karosserie ist auch der Innenraum gezeichnet: Das Cockpit ist zweifarbig und trotz des vielen Plastiks angenehm poppig, zur Ausstattung gehören neben Standards wie der in Korea extrem wachsamen Navigation mit ihren andauernden Warnungen vor Radarfallen und Temposchwellen auch unerwartete Extras wie eine Sitzlüftung oder ein elektronischer Spurführungshelfer und die Sitzlandschaft ist ausgesprochen variabel. So lassen sich nicht nur die zwei Hälften der Rückbank verschieben und die beiden vorderen Sitze zu einem kuscheligen Sofa vereinen. Sondern mit zwei Handgriffen liegen auch alle vier Lehnen flach: Auf dem Beifahrersitz kann der Fahrer dann Zubehör vom Kindersitz bis zum Hundekorb festklipsen, und über seinen eigenen Platz passt eine maßgeschneiderte Matratze, mit der der Casper zum Camper wird – ein Freizeitvergnügen, dem man in Korea offenbar sogar im Kleinwagen frönt.

Nur beim Fahren ist der Spaß schnell wieder vorbei. Denn auch wenn der Casper mit seinen 3,60 Metern Länge und 2,40 Metern Radstand ausgesprochen handlich ist und wie gemacht für das Gewusel der Großstadt, darf man von dem Zwerg keine Riesenkräfte erwarten. Selbst der „Turbo“ wirkt mit seinem aufgeladenen 1,0-Liter-Dreizylinder und 100 PS eher beschaulich, zumal die Automatik viel von der wenigen Kraft schluckt – da möchte man sich das Basismodell mit Sauger und 76 PS gar nicht erst vorstellen. 

Dem Erfolg des Caspar tut das aber offenbar keinen Abbruch: Denn auch wenn das Bonsai-SUV der erste Kleinwagen ist, den Hyundai in den letzten zwei Jahrzehnten in Korea an den Start gebracht hat, haben Designer und Ingenieure damit den richtigen Geist der Zeit getroffen. Denn schon am ersten Tag haben fast 19.000 Koreaner den mindestens 18.000 Won oder rund 13.000 Euro teuren Charmeur vorbestellt – darunter sogar Staatschef Moon Jae-i. Und mittlerweile hat er es als einziger Kleinwagen in Korea unter die Top-10 der Neuzulassungen geschafft.

Dass sich dieser Erfolg bei uns wiederholen wird, ist allerdings denkbar unwahrscheinlich – selbst wenn Suzuki mit dem Jimny gerade beweist, wie groß die Begeisterung für einen kleinen Geländewagen sein kann: Aber weil es in Europa für den Casper keine freien Produktionskapazitäten gibt, weil er anders als der Jimny eben nur aussieht wie ein Geländewagen, im Gelände aber nichts drauf hat und weil die Koreaner bei uns schließlich seriös sein wollen, müssen wir mit dem i10 Vorlieb nehmen – und uns weiter fadisieren.

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